Der Vorstand informiert


1. Ein Schwerpunkt der Arbeit war im Januar und Februar der weitere Aufbau des Flugplatzmuseums mit der Geschichte des Jagdfliegergeschwaders 9. Viele ehemalige Angehörige des JG 9 haben mit verschiedenen Exponaten dazu beigetragen die Vitrinen zu füllen. Besonders Manfred Kanetzki, Herr Schreiber, ehemaliger Flugzeugführer, haben unter Leitung von Lutz Hübner den Aufbau bewerkstelligt. Der Vorstand dankt ihnen besonders.

2. Vorgesehen ist, das Museum am 01. März 2022, um 10 Uhr, zu eröffnen. Wer es möglich machen kann, ist herzlich dazu eingeladen. Das Marinemuseum und Flugplatzmuseum heißt dann: „Marine- und Flugplatz-Museum Peenemünde“. Für beide Museen ist der Förderverein Peenemünde e. V. verantwortlich. Es ist vorgesehen beide Museen ständig weiter mit Exponaten, Bildern und Dokumenten zu erweitern und zu ergänzen.

3. Unser Schatzmeister, Herr Hübner, hat dem Vorstand den aktuellen Finanzbericht vorgelegt. Der Vorstand konnte feststellen, dass unsere Finanzen eine weitere erfolgreiche Arbeit des Vorstandes gewährleisten, auch mit den Jahresbeiträgen der Mitglieder für 2022.

4. Das Museumsschiff ist für das neue Museumsjahr gut vorbereitet. Eine sehr gute und erfolgreiche Arbeit hat unser Vereinsmitglied Herr Weber geleistet. Er ist auch weiter die wichtigste Aufsichtsperson auf diesem Schiff.

Klaus Felgentreu
Vorstand Förderverein Peenemünde e. V.

Im Gedenken an Botho Stüwe

Unser langjähriges Mitglied, Botho Stüwe, ist am 11.Dezember 2021, kurz vor seinem 102. Geburtstag, verstorben.

Wir trauern um einen Menschen, der mit der Peenemünder Geschichte immer eng verbunden war und denken oft an ihn, besonders an die interessanten und freundschaftlichen Gespräche über sein Leben in Peenemünde und danach. Für uns war es immer eine große Freude und Ehre, wenn wir Botho zu unserem Peenemünder Treffen begrüßen konnten.
Sein Buch mit Bildband über
„Peenemünde West“ ist für uns eine wichtige Dokumentation über die Geschichte der Erprobungsstelle der Luftwaffe. Auch in der Heimatgeschichte der Insel Usedom widmete er sich der Entwicklung Peenemündes vom „Fischerdorf zur Wiege der Weltraumfahrt“.

Seit dem 19. Januar 1993 war Botho Stüwe Mitglied unseres Vereins. Man kann sagen, er war von Anfang an dabei. Wir sind Botho auf ewig dankbar, dass er uns beim Aufbau eines Museums über die Peenemünder Geschichte vorbehaltlos mit Dokumenten, Bildern und seinen persönlichen Aussagen geholfen hat.
Wir erinnern uns sehr gern an seine gelungene Art und Weise mit der Vergangenheit und der Gegenwart umzugehen.
In seinem Bericht
„Mein verschlungener Weg nach Peenemünde“ schilderte er anschaulich seinen Lebensweg.
So schreibt er: „
…Am 03 Oktober 1940 wurde ich zur Luftwaffe einberufen. 1941 erfolgte die Versetzung nach Peenemünde. Ich kam zur Erprobungsstelle der Luftwaffe Peenemünde-West und war dort – mit zwischzeitlichen Aufgaben bei den Erprobungsstellen FOGGIA und JESAU – bis April 1945 auf dem Gebiet der Fernlenktechnik tätig. Von 1947 bis zu meiner Pensionierung 1985 war ich dann Entwicklungsingenieur bei der Firma Siemens“.
Typisch für ihn sind die Worte in seiner Denkschrift
„actio et reactio“.



Scheinwiderstandsberechnung im Labor E4c. An der Tafel Botho Stüwe Bild aus Buch „Peenemünde West

Darin schreibt er:
Bei der Nutzung im kosmischen Raum sind die Grenzen für die Menschen bei der Weltraumfahrt deutlich gezogen. Trotz aller weiteren denkbaren wissenschaftlich-technischen Erfolgen ist es nicht vorstellbar, dass die Bewohner dieser Erde das System unserer Sonne verlassen werden. Wie lange ihnen auf dem Raumschiff Erde – vielleicht auch noch als Filiale auf einem anderen Planeten – eine Existenz geboten wird, hängt in gewissem Maße auch von ihnen ab. Es kann aber auch sein, dass der Schöpfer des Universums, außer dem natürlichen Ende unserer Lebensgrundlage, dem immer skurriler werdenden Treiben seiner nach grenzenloser Freiheit strebenden Geschöpfe – zumindest in der so genannten „Westlichen Wertegemeinschaft“ – schon vorher ein gewaltsames Ende setzt. Erst dann wird die Wirksamkeit des Gesetzes „actio et reactio“ im menschlichen Bereich enden.“


Botho Stüwe während der Jahreshauptversammlung 2016 des Fördervereins an seiner im Müggenhof nachgebauten ehemaligen Werkbank Foto L. Hübner

Botho Stüwes Gedanken sind es Wert ausgesprochen zu werden. Denken wir z. B. nur an die gegenwärtigen Probleme auf der Welt, bewaffnete angedrohte und aktuelle Auseinander-setzungen, die Umweltprobleme und das Geschehen um den Covid – Virus.

Wir trauern mit seiner Familie und danken Botho Stüwe. Wir werden sein Andenken für immer bewahren.

kf

110 Jahre – Wernher von Braun

Am 23. März 2022 wäre Wernher von Braun 110 Jahre alt geworden. Auch aus heutiger Sicht gilt er als einer der hervorragenden Spezialisten bei der Entwicklung von modernen Flüssigkeits-Großraketen. Er war die Schlüsselfigur im erfolgreichen Bemühen der USA, Menschen auf den Mond zu bringen. Sein Lebensziel, möglichst viele Menschen für die Raumfahrt zu begeistern, veranlasste ihn schon in den zwanziger Jahren, mit Hermann Oberth zusammen, öffentliche Raumfahrtausstellungen in Deutschland zu organisieren.

Die meisten von uns kennen den Lebenslauf von Wernher von Braun. Es gibt, besonders für Außenstehende, unterschiedliche Meinungen, Auffassungen und Bewertungen seiner Lebensleistung. Kritiker an der Haltung Wernher von Brauns haben sich nicht immer an die historischen Bedingungen, in denen er lebte und wirkte, gehalten. In einem Artikel für die Zeitschrift „Raumfahrt Concret“ schrieb Prof. Dr.-Ing. Robert H. Schmucker:

Raumfahrt war das Thema, dem sich Wernher von Braun bedingungslos verschrieben hatte und dem er alles andere unterordnete. Er war zweifelsfrei eine der Schlüsselfiguren der Raumfahrt…ein Manager von ausgezeichneten Führungseigenschaften, ein charismatischer Organisator mit Verkaufstalent, mit technischem Wissen und Personalführungskompetenz…Er verfügte sowohl in Deutschland wie auch in den USA über ein Netzwerk hochrangiger Unterstützer im Militärbereich und ein loyales Mitarbeiterteam – der Weg für ihn und für das Zeitalter der Raumfahrt war geebnet.“

Wir können feststellen, dass Wernher von Braun in allen Episoden eine Hauptrolle spielte: Zwischen 1932 und 1945 trieb er die Raketenentwicklung voran, von 1945 bis 1957 half er bei der Popularisierung der Raumfahrt und 1958 bis 1970 spielte er die Schlüsselrolle im Wettbewerb um den Mondflug.



Als prominenter Erfinder der Neuzeit erhielt er für seine Verdienste zahlreiche internationale und deutsche Auszeichnungen darunter

  • 1959 das Große Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland,

  • im Januar 1963 zusammen mit dem Raumfahrtpionier Hermann Oberth die Ehrendokterwürde der TU Berlin (eines von insgesamt 25 Ehren-Doktoraten von Universitäten und Hochschulen von Universitäten und Hochschulen im In- und Ausland),

  • 1975 die Goldene Medaille der Humboldt-Gesellschaft.

  • Im Jahr 1994, also 17 Jahre nach seinem Tod wurde ihm zu Ehren ein Mondkrater benannt.

Es ist umso unverständlicher, dass das Gymnasium in Friedberg bei Augsburg seinen Namen Wernher -v.- Braun Gymnasium Anfang Februar 2014 in Staatliches Gymnasium Friedberg umgewandelt hat. Ausgangspunkt zum vorzeitigen Verzicht auf den Schulnamen gab eine bundesweit beachtete Fernsehsendung des ARD-Magazins „Kontraste“ vom 12. Dezember 2013 über den Schulstreit, Thema des Beitrags: „Umstrittener Namensgeber: Wernher von Braun zwischen SS und NASA (http://www.rbb-online.de/kontraste/archiv/kontraste-vom12-12-2013).
Ja sogar Straßennahmen wurden geändert.
Eine öffentliche Verurteilung des Raketenforschers gab es zu seinen Lebzeiten noch nicht. Die ersten Vorwürfe über Wernher von Braun entstanden, gleich nach der Wende, Anfang der 90er-Jahre. Ich habe die Bücher von Neufeld und Eisfeld gelesen. Sie sind das beste Beispiel hierfür. Viele nachfolgende Bücher, Artikel und Sendungen im Fernsehen orientierten sich daran. Leider muss man feststellen, dass es einige Veröffentlichungen über Wernher von Braun mit historischen Fakten und mit Zusammenhängen nicht allzu genau nehmen. Andere geben der Fantasie und der persönlichen Ansicht breiten Raum.

Wir hoffen, dass die neue Ausstellung im HTM das Leben von Wernher von Braun in all seine Facetten ehrlich und gewissenhaft darstellt. Wir als Förderverein, helfen gern dabei.

Noch ein Hinweis an unsere Leser:

Das Buch von Horst Köhler „Zur Kritik an Wernher von Braun“ sollte man lesen.

www.zur-kritik-an-wernher-von-braun.de
ISBN 978-3-00-045906-1

kf

Neues aus der Raumfahrt

https://www.br.de/wissen/james-webb-weltraum-teleskop-nasa-100.html

James Webb-Weltraumteleskop

Endgültiger Beobachtungsposten im All erreicht

Das James Webb-Weltraumteleskop ist auf seiner endgültigen Position 1,5 Millionen Kilometer von der Erde entfernt im Weltraum angekommen. Zuvor konnten bereits der Sonnenschutz und in einem komplizierten Manöver auch das Spiegelsystem entfaltet werden.

Das James Webb-Weltraumteleskop (James Webb Space Telescope - JWST) soll die Frühzeit des Universums erforschen. Das Infrarot-Teleskop gilt als Nachfolger des Hubble-Weltraumteleskops, das seit mehr als dreißig Jahren die Erde umrundet. Eigentlich hätte das James Webb-Teleskop schon vor vielen Jahren ins All starten sollen, doch es kam immer wieder zu erheblichen Verzögerungen. Aber nun war es so weit: Go Webb!

Das Weltraumteleskop hob am 25. Dezember 2021 pünktlich um 13.20 Uhr MEZ ab. Es war ein perfekter Start: Nach rund einer halben Stunde hatte das James Webb-Weltraumteleskop den Weltraum erreicht. Bereits am 7. Dezember war James Webb auf dem Weltraumbahnhof Kourou der ESA auf Französisch-Guyana eingetroffen und wurde drei Tage darauf auf die Ariane-Rakete montiert. Diese brachte das Teleskop schließlich ins All.

Bislang läuft die Mission nach Plan. Zwar wurde der Sonnenschutz, ein großes Segel aus aluminiumbeschichteten Spezialfolien, in der Silvesternacht aufgrund technischer Probleme erst mit einigen Stunden Verspätung ausgefahren. Doch das heikelste Manöver, die komplette Entfaltung des Spiegelsystems, gelang problemlos. Auch der sechs Meter große, mit einer Goldschicht überzogene Hauptspiegel aus Beryllium, einem kältebeständigen Leichtmetall, konnte erfolgreich ausgeklappt werden.

Beide Flügel der Spiegelplatten waren ferngesteuert über zwei Tage hinweg entfaltet und schließlich verankert worden. Ein mit Spannung erwarteter Vorgang, denn das Ausklappen des Spiegelsystems galt als der schwierigste Teil der Mission. Pannen bei diesem Vorgang hätten das gesamte James Webb-Teleskop-Projekt ins Wanken bringen können.

Ausklapp-Manöver erfolgreich durchgeführt

Das James Webb-Teleskop ist so groß, dass es gefaltet werden musste, um in die Trägerrakete zu passen.


"Webb, Willkommen zu Hause!"

Gut vier Wochen nach seinem Start erreichte das James Webb-Teleskop Ende Januar schließlich seine endgültige Position. Fast fünf Minuten liefen die Bordtriebwerke, um die letzte Kurskorrektur des Teleskops anzuschieben. Das Ziel: eine Umlaufbahn um den sogenannten zweiten Lagrange-Punkt. Hier positioniert, fast 1,5 Millionen Kilometer von der Erde entfernt, auf der sonnenabgewandten Seite unseres Planeten, steht das Weltraumteleskop nun bereit, um die Frühzeit des Universums vor 13 Milliarden Jahren zu erforschen.

"Webb, willkommen zu Hause. Wir sind der Entdeckung der Geheimnisse des Universums einen Schritt nähergekommen. Ich kann es kaum erwarten, im Sommer (2022) Webbs erste neue Aufnahmen des Universums zu sehen."

Nasa-Chef Bill Nelson


James Webb-Teleskop schon sehr lange geplant

Weltraumforschung James-Webb-Weltraumteleskop, der Hubble-Nachfolger

Das in den 1990er-Jahren konzipierte Projekt JWST war ursprünglich schon für das Jahr 2002 angedacht. Dann wurde der Beginn immer wieder verschoben. 2018 hatte die Weltraumbehörde NASA schließlich angekündigt, sie brauche mehr Zeit, um das Riesenteleskop zusammenzubauen. Auch die ursprünglich geplanten Kosten sind längst auf ein Vielfaches angewachsen. Inzwischen ist das Space Webb-Teleskop ein Gemeinschaftsprojekt der US-amerikanischen, europäischen und der kanadischen Weltraumbehörde (NASA, ESA und CSA).

Weltraum-Teleskop mit 25 Quadratmeter großem Spiegel


Der Hauptspiegel des James Webb-Teleskops bei Tests in der Montagehalle.

Die Mission ist zunächst auf fünf Jahre ausgelegt. Die beteiligten Weltraumorganisationen - die US-amerikanische NASA, die europäische ESA und die kanadische CSA - planen aber, mit dem James Webb-Teleskop zehn Jahre lang den Weltraum zu erforschen.

Eines der wichtigsten Teile des Teleskops ist der Hauptspiegel. Er besteht aus 18 sechseckigen Segmenten, die nun im Weltraum entfaltet wurden. Zusammen haben sie einen Durchmesser von 6,5 Metern und eine Fläche von rund 25 Quadratmetern.

James Webb sucht nach den Anfängen des Universums


James Webb-Teleskop im All (Illustration)

Wenn das James Webb-Weltraumteleskop an seinem Bestimmungsort im All angekommen ist, soll die Suche nach dem Licht der ersten Sterne und Galaxien nach dem Urknall beginnen. James Webb wird sich vor allem im Infrarotbereich von Licht "umsehen" und soll nach Galaxien und hellen Objekten suchen, die in der Frühzeit des Universums entstanden sind. Auch wie Sterne und Planeten entstehen, wird das Weltraum-Teleskop erkunden und dazu insbesondere protoplanetarische Scheiben um Sonnen in den Blick nehmen.


Die wissenschaftlichen Aufgaben des James Webb-Weltraumteleskops

  • Suche nach dem Licht der ersten Sterne und Galaxien, die nach dem Urknall entstanden sind.

  • Herausfinden, wie sich Galaxien von ihrer Entstehung an bis heute entwickelt haben.

  • Beobachten, wie Sterne entstehen, beginnend bei den ersten Stufen der Bildung von Planetensystemen.

  • Messen der physikalischen und chemischen Eigenschaften von Planetensystemen und die Erforschung, ob dort Leben möglich ist.


Webb liefert Bilder aus den Tiefen des Weltalls


Das Hubble-Teleskop Seit mehr als 30 Jahren unser Auge im All

Das James Webb-Weltraumteleskop ist der Erde verhältnismäßig nah, daher kann die NASA mit einer hohen Datenübertragungsrate rechnen. Das Teleskop wird hauptsächlich Daten im Infrarotbereich sammeln, es wird aber auch Bilder im sichtbaren Lichtspektrum aufnehmen. Seine Sensoren sind empfindlicher als die des Weltraumteleskops Hubble und mit seinem riesigen Spiegel kann es bis zu zehn Mal mehr Licht sammeln. Darum wird das JWST noch weiter in die Vergangenheit des Universums blicken, als Hubble das je konnte.

Instrumente des James Webb-Teleskops

  • NIRCam (Near Infrared Camera): Die Infrarotkamera ist der wichtigste Bildlieferant des Teleskops. Das Instrument soll unter anderem das Licht der ersten Sterne nach dem Urknall aufnehmen.

  • MIRI (Mid Infrared Instrument): Kombination aus Kamera und Spektrograf für Wellenlängen im Infrarotbereich. Damit sollen ähnlich spektakuläre Aufnahmen wie von Hubble möglich sein.

  • NIRSpec (Near Infrared Spectograph): Das "Superauge" des Teleskops wurde im Auftrag der ESA in Ottobrunn und Friedrichshafen entwickelt. Es kann die schwächste Strahlung der ersten Galaxien analysieren und bis zu 100 Himmelskörper wie Galaxien oder Sterne gleichzeitig erfassen.

  • FGS/NIRISS (Fine Guidance Sensor/Near InfraRed Imager and Slitless Spectrograph): Dieses Instrument dient der präzisen Ausrichtung des Teleskops.


James Webb, der Namensgeber des Weltraumteleskops

Namensgeber James Webb

James Edwin Webb wurde 1906 in North Carolina geboren, studierte Erziehung und wurde später Pilot. Danach studierte er Jura und arbeitete für verschiedene Politiker in Washington. Ab 1944 kämpfte er als Pilot im Zweiten Weltkrieg.
Nach dem Krieg kehrte er zurück nach Washington, arbeitete im Finanzministerium und für Präsident Harry S. Truman. 1961 – nach einem Intermezzo in einem Erdölunternehmen – nahm er den Posten des Direktors der NASA an.


Gerd de Beeks Bilder auf den Peenemünder Versuchsraketen – Teil 3

Das Aggregat 4 - Versuchsmuster 4 (A4 V4)


Diesmal widmen wir uns dem wohl bekanntesten Werk Gerd de Beeks, der auf der Mondsichel sitzenden Schönheit, die der vierten A4-Rakete zum Glück verhelfen sollte. Erstmals malte de Beek nicht mehr auf die Rakete selbst, sondern auf Papier, das kurz vor dem Start an die Rakete geklebt wurde.
Auf technischer Ebene hatte das Versuchsmuster 4 (Serien-Nr. W4001) mit dem V3 vieles gemein. Beide Geräte entsprachen den ersten Konstruktionsunterlagen der „Baureihe A“ in einer noch recht schweren Ausführung.

Im Geräteraum wurden u.a. eingebaut: die „Industriesteuerung Nr. 2“ mit einem Horizontkreisel, zwei Kurskreisel, ein Messkurskreisel, dem Mischgerät, vier Dreiräderpumpen für den Ruderantrieb; Funkempfänger; Verdoppler (Wolman-Dopplerfrequenzverfahren zur Vermessung der Flugbahn); Messwertsender MESSINA (für Brennkammerdruck, Brennstoff-Förderdruck, Abdampfdruck und Turbinendrehzahl); Pumpendrehzahlgeber; Umformer und Sammler. Die Großbaugruppen im Antriebsbereich waren: Brennkammerkopf Nr. 42; Expansionsdüse Nr. 46; Tubopumpe Nr. 13 und die Dampfanlage Nr. L13. Das V4 besaß nur in den Flossen I und III Luftruder für die Drallsteuerung.

Am 25. August 1942 begann auf dem Prüfstand VII mit dem dort insgesamt 139. Versuch die Testkampagne mit einem Schaltversuch des Vor- und Hauptstufenregimes. Es folgten Spritz-, Dampf- und Brenntests. Am frühen Morgen des 3. Oktobers eichte man die Druckwertgeber. Nach einer „normalen“ Vorbereitung erfolgte um 15.58 Uhr das Abheben der Rakete.

Sie erreichte eine Gipfelhöhe von 84,5 Kilometer und flog in 295,5 Sekunden etwa 190,64 Kilometer weit bis zum Einschlag in die Ostsee. Das A4 V4 gilt damit als erstes Objekt, das in den Grenzbereich des Weltraumes eindrang bzw. (abhängig von der Definition, in welcher Höhe das Weltall beginnt) als erstes vom Menschen geschaffenes Objekt im Weltraum.

Die Gipfelhöhe übertraf die Vorausberechnungen, weil sich durch eine gering höhere Fördermenge des Brennstoffes die Brennzeit von anstatt 60 Sekunden auf nur 57,8 Sekunden verkürzte und die Brennkammer zu viel Schub erzeugte. Dies hatte zur Folge, dass der Flug zu Beginn etwas zu steil verlief. Für eine möglichst große Reichweite wären etwa 70 Kilometer Höhe günstiger gewesen. Der „Schuss ins All“ stand also nicht auf dem Plan und war ein nebensächliches Ergebnis, was aber nach Erkennen sofort begeistert bejubelt wurde.

Am Abend des 3. Oktober 1942 hielt Walter Dornberger zur Feier des Tages die folgende kurze Ansprache im Peenemünder Offizierskasino:

"Wir haben mit unserer Rakete in den Weltraum gegriffen und zum ersten Mal diesen Weltraum als Brücke zwischen zwei Punkten auf der Erde genutzt. Wir haben bewiesen, dass der Raketenantrieb für die Raumfahrt brauchbar ist. Neben Erde, Wasser und Luft wird künftig auch der unendliche Raum Schauplatz eines Kontinente verbindenden Verkehrs sein und als solcher politische Bedeutung erlangen können. Dieser 3.Oktober 1942 ist der erste Tag eines Zeitalters neuer Verkehrstechnik. Es ist der Beginn der Raumschiffahrt."

Aufgrund dieser epochalen Bedeutung des Fluges des Versuchsmusters 4 wurde auch das Plakat der „Frau am Mond“ zu Gerd de Beeks bekanntestem Werk, dessen Intention häufig interpretiert wurde. Dass aber nun gerade dieses Motiv das Heck jener Rakete zierte, ist Zufall – es hätte auch ein anderes Motiv sein können.

In der Nachkriegszeit wurde vielfach behauptet, dass das Motiv eine Referenz auf den Spielfilm „Frau im Mond“ von 1929 sei. Irgendein Vorbild findet sich dort jedoch nicht. Es mag sein, dass bei der zeitgenössischen Betrachtung diese Assoziation aufkam, aber für eine direkte Verbindung zwischen dem Film, der die Raumfahrtbegeisterung der 1920er Jahre repräsentierte, und der A4-V4-Bemalung von 1942 gibt es keinen Beleg.

Vorlage für das Motiv war dann doch eher eine Szene des Spielfilms „Frau Luna“, der die gleichnamige Operette Paul Linckes von 1899 verarbeitete und 1941 Premiere hatte. Diese Szene wurde auch für eines der Werbeplakate für diesen Kinofilm ausgewählt. Es zeigt die Frau Luna mit übereinandergeschlagenen Beinen auf der Mondsichel sitzend.

Abgesehen von der züchtigeren Bekleidung und dem Kopfschmuck ist die Ähnlichkeit mit Gerd de Beeks Motiv für das A4 V4 schon frappierend.

Das Motiv vom 3. Oktober 1942 ist das von allen de Beek-Piktogrammen am häufigsten nachkolorierte bzw. farbig interpretierte. Zum ersten Mal geschah dies für das 1994 erschienene Buch von Dieter Hölsken: „V-Missiles of the Third Reich. The V-1 and V-2“. In dieser Interpretation hat die Frauenfigur auf dem Mond ein recht kindlich anmutendes Gesicht, die Haartolle ist nicht so hoch wie beim Original, der Absatz des linken Schuhes, die rechte Hand am Knie und der Armreif fehlen und die beiden linken kleineren Sterne nahe der Raketenspitze sind etwas zu groß geraten.

Diese Zeichnung aus dem Hölsken-Buch wurde Vorlage für die ersten Entwürfe unseres Vereinssymbols. Der Öffentlichkeit wurde das neue Logo im Infoblatt 2/1995 auf der Titelseite mit folgenden Worten vorgestellt:

Nachdem die ersten Entwürfe für ein Vereinssymbol mittlerweile einige offizielle Schreiben an Sie, verehrte Vereinsmitglieder, zierten, zeigte die Reaktion darauf, daß man nicht so ganz mit den Entwürfen zufrieden war. Einerseits entsprach das Abbild der „Frau im Mond" bei unserem ersten Vorschlag nicht dem Vorbild auf dem 4. Versuchsmuster des Aggregates 4 vom 3. Oktober 1942, andererseits ähnelte die in Schwarz gehaltene Version und mit dem Schriftzug „Förderverein Peenemünde" wohl zu sehr dem Symbol von Hammer und Sichel. Nunmehr liegt ein weiterer Entwurf vor und Sie alle sind aufgerufen, Ihre Auffassung dazu zu sagen. Aber so ganz läßt sich der Eindruck nicht verwischen, daß das Staatssymbol der ehemaligen Sowjetunion immer noch durchscheint. Es ist nicht zu ändern.“.

Auf Seite 4 folgte neben einer größeren Abbildung diese Ankündigung:

Das ist es also, unser neues Vereinslogo. Nach mehreren Entwürfen nehmen wir an, dass dies allen Vereinsmitgliedern gefallen wird. Als Anstecknadel oder auf T-Shirts – manche Mitglieder haben sogar vorgeschlagen, Krawatten oder Pullover nach englischem Vorbild damit zu zieren - wären wir zunächst froh, erst einmal sichtbar für alle, ein Abzeichen zu besitzen. Es wäre gleichzeitig ein Ausdruck der Zugehörigkeit zu unserem Verein und der Vertretung der Interessen Peenemündes in der Öffentlichkeit. Wie wir von unserem Vereinsmitglied Herrn Konsul Hellmut Niethammer aus Stuttgart erfahren konnten, würde er sich um die Prägung derartiger Anstecknadeln bemühen.“

Besagte Anstecknadeln konnten dank Konsul Niethammer noch 1995 als Metall-Pins realisiert werden. Jedes Vereinsmitglied erhielt davon (bis heute) ein Exemplar als sichtbares Zeichen seiner Mitgliedschaft.

Ab 2001 verwendete unser Verein eine überarbeitete Schwarz-Weiß-Version in Wappenform, in der das „V4“ auf dem Raketenheck fehlte, Anfang 2007 kehrte man wieder auf die Hölsken-Vorlage mit „V4“ zurück, nun auch in Farbe.

Evolution unseres Vereinslogos: links ab 2001, mittig ab 2007 und rechts die aktuelle Version

Im Jahr 1995 entstand jedoch nicht nur das Vereinslogo, auch unser A4-Nachbau im Maßstab 1:1 wurde auf dem Museumsgelände des damaligen HTI eingeweiht. Unter den wachsamen Augen von Reinhold Krüger, mit der Unterstützung der Peenewerft und weiterer Firmen, sowie vieler ehrenamtlichen Helfer sind letztlich alle Arbeiten realisiert worden. Nicht vergessen bei der Aufzählung darf aber auch nicht werden, daß es Herr Professor Wernicke aus Berlin war, der durch seine großzügige Spende von 40.000 DM den Nachbau erst ermöglichte.

Auch wenn unser A4-Nachbau auf Grundlage von Plänen des Seriengeräts der „Baureihe B“ entstand - demzufolge manche Elemente, wie die Luftruder und Ruderantennen nicht der früheren „Baureihe A“ entsprechen (darüber hinaus wurde ein originalerBaureihe A“-Abtriebsring in unserem „Baureihe B“-Modell verbaut) - entschied man sich seinerzeit für eine Bemalung nach Vorbild des Versuchsmusters 4. Neben dem Kontrastschema vom 3. Oktober 1942 sollte auch Gerd de Beeks „Frau Luna“ die Rakete schmücken.

Daher wurde die Wolgaster Malerfirma Kieser damit beauftragt, das „Frau im Mond“-Motiv mit Airbrush-Technik auf das Heck anzubringen.

Obwohl diese Interpretation nur ansatzweise dem historischen Original Gerd de Beeks entspricht, ist sie zur Vorlage für viele heutige Darstellungen z.B. im Miniaturmodellbau geworden. Aber auch andere Künstler versuchten sich an jenem Motiv, wie der Kanadier Clarence Simonsen, dessen Bilder im Original derzeit in der Sonderausstellung „Kunst und Waffen“ im HTM Peenemünde ausgestellt werden.

Links das Original von Gerd de Beek vom 3. Oktober 1942, rechts die Interpretation aus: Dieter Hölsken: V Missiles of the Third Reich. The V-1 and V-2“, 1994, S. 67


Links das Airbrush auf dem A4-Nachbau von 1995 im HTM und rechts die Interpretation des Kanadiers Clarence Simonsen von 2001

Da keine der bisherigen farbigen Interpretationen der „Frau am Mond“ dem Original von Gerd de Beek entsprach, entschloss sich der Verfasser dazu, das Bild selbst möglichst detailgetreu nachzumalen.

Versuch der Interpretation von Thomas Köhler in Originalgröße, Acryl auf Leinwand 80x100 cm, 2021

In der nächsten Ausgabe des Infoblattes geht es mit der de Beek-Bemalung des Versuchsmusters 5 weiter (wieder mit nackten Menschen, aber diesmal männlich).

(tk)

PEENEMÜNDE – FÜR VIELES URSPRUNG

Joachim Barsch hat uns auch für das neue Infoblatt 2022 einen weiteren Artikel aus seinem Buch

PEENEMÜNDE – FÜR VIELES URSPRUNG“ zur Verfügung gestellt.

Der Abschnitt hat den Titel:

Aufklärung, Dokumentation und Präsentation der Geschichte um die Raketenentwicklung – mehrfach versucht und immer Gegenwind bekommen.

Er nutzte dafür verschiedenen Quellen.

Und er schreibt …noch vor dem Termin der politischen Wiedervereinigung beginnen einige, über die wirtschaftliche Zukunft der Region nachzudenken. Dazu einige Fragmente als Einleitung.

Gedanken für Großprojekte wie ein Freizeitpark, Satelliten Startanlage wurden diskutiert.

  • Freizeitpark Investor, Unternehmer Volker Thomsen

  • Satellitenstartanlage, Amerikaner Richard Colemann

Die Kommune bevorzugte die Errichtung eines Gewerbezentrums oder den Bau eines Seglerhafens mit Feriensiedlung zur Beförderung des Tourismus.

Gründung des Vereins „Neuer Historischer Verein Peenemünde in Vorpommern“ dieser teilt seine Interessen in 3 Zeitbereiche:

  1. Peenemünde bis 1935

  2. Peenemünde von 1936-1945
  3. Peenemünde nach 1945 bis zur Gegenwart

Der Focus lag im Zeitbereich 1936-1945, was umstritten war und bis heute ist.

Ungeklärte Eigentumsverhältnisse waren verwirrend. 97% gehörten der Bundeswehr nach dem Rückzug der NVA. Das Grundbuch aus 1956 hatte andere Eintragungen enthalten.

Chronologische Auszüge:

1961-1990 NVA Stützpunkt. Durch seine Auflösung gingen viele Arbeitsplätze in der Region verloren.

1990: Erste Investoren erkunden vorsichtig die Liegenschaften im Bürgermeisteramt Peenemünde und in der Kreisverwaltung Wolgast.

1990: Sommer – Ehemalige Offiziere des Jagdfliegergeschwaders der NVA gründen eine Interessengemeinschaft „Neuer Historischer Verein Peenemünde in Vorpommern e.V.“

Systematische Suche nach Funden aus der Raketengeschichte. Auf der Basis der Erinnerungen von Reinhold Krüger (hat seine Lehrlingszeit in der HVA verbracht), konnten zahlreiche Funde an die Oberfläche gebracht werden. Aufgrund der viele Funde wurden auch noch Zeitzeugen befragt, um an Dokumente, Bildmaterial, Literatur aus dieser Zeit zu kommen.
Das Ergebnis war überwältigend und konnte aufgrund der Menge in dieser Form nicht mehr weitergeführt werden.

Der Verein beschloss, die Bunkerwarte in Peenemünde als Ausstellungsgebäude auszubauen, mit dem Slogan „Peenemünde – Geburtsort der Raumfahrt“.

1991: Eröffnung des Historisch-Technischen Informationszentrum (HTI). Toller Erfolg mit Hunderttausenden von Besuchern.

Mit dieser Eröffnung wuchs auch der Ärger speziell durch die Medien und durch das Ausland.

Konzeption und Inhalte stoßen in der Öffentlichkeit auf Kritik und wurden auch im Gästebuch durch viele Besucher hinterlegt. Aber auch „Beifall“ von ehemaligen Wissenschaftlern, Ingenieuren der Raketenversuchsanstalt mit Auftritten in den Medien kam hinzu.

Es gab Rückenwind für den Sonderbeauftragten der regierungsfinanzierten Deutschen Agentur für Raumfahrtangelegenheiten in Bonn, Dr. Dieter Genthe, der vorschlug, nach dem Vorbild von Amerika ein „Space Camp“ (einen Raumfahrtpark) in Peenemünde zu erstellen. Dies mündete in eine Konzeptstudie der Firma Dornier Deutsche Aerospace mit dem Ziel eine „pädagogisch-didaktische Einrichtung“ für Jugendliche und technisch Interessierte zu bauen. Gepaart mit dem Museum sollten ein Kongresszentrum, Trainings- und Erlebniszentrum, Filmtheater, Hotel und Gaststätten mit europäischem Rang entstehen.

Dieser Ansatz sollte, dem bis dahin gewachsenen Negativ-Image Aufklärung und Klarheit über die Geschehnisse bieten.
50% (10 Mio. DM) wollte das Bundeswirtschaftsministerium fördern, auch mit dem Hintergrund, ca. 300 Arbeitsplätze für die Region schaffen zu können.

1992: (3.10.1992) – 50. Jahrestag des erfolgreichen Erststarts der A4-Rakete.
Organisation der Feier durch BDLI und des Wirtschaftsministeriums Bonn. Proteste im In- und Ausland wurden lauter. Bonn zog sich wieder zurück und der damalige Koordinator Erich Riedl (Staatssekretär des Wirtschaftsministeriums) verlor dadurch seine Stellung.

Folge (Ende 1992): die Feier und das erarbeitete in der Finalisierung erstellte Konzept wurden gestoppt und aufgehoben.
Räumung des Geländes vom Militär. Das Sperrgebiet (500ha) unterliegt der Verwaltung der WBV (Wehrbereichsverwaltung) und dem Bundesvermögensamt.

1993: Sommer – Erklärung der Wehrbereichsverwaltung der Bundeswehr, dass das Gelände weitestgehend von Munition und Altlasten gereinigt sei und für die zivile Nutzung freigegeben werden könnte. Somit könnten die 500ha den Kommunen und dem Land Mecklenburg-Vorpommern zufallen. Die zuständige Landesregierung sagt der Gemeinde Peenemünde eine Anschubfinanzierung von 1,5 Mio. DM zu.

Zu diesem Thema möchten wir im nächsten Infoblatt mit dem Jahr 1994 fortfahren. Ich glaube, dass unsere Leser sehr aufmerksam diese und die nächsten Ausführungen lesen werden. Gespannt sind unsere Vereinsmitglieder, wann das Buch von Joachim Barsch erscheinen wird. Eure Meinung ist gefragt!

kf

Neues vom Büchermarkt

Der Oslo-Report

Wie ein deutscher Physiker die geheimen Pläne der Nazis verriet

Eine unglaublich mutige Tat des politischen Widerstands eines Einzelnen gegen die Nazis. Acht Wochen nach dem Überfall Nazideutschlands auf Polen 1939 gingen zwei Briefe in der britischen

Botschaft in Oslo ein. Der anonyme Verfasser beschrieb neue deutsche Waffensysteme und umriss die Ziele militärischer Forschungsprogramme der Wehrmacht. Der britische Geheimdienst fürchtete gezielte Desinformation. Doch ein junger Geheimdienstoffizier erkannte, dass die Informationen größtenteils zutreffend waren – und zum Vorteil der Alliierten genutzt werden konnten. Aber wer hatte den „Oslo-Report“ geschrieben? Bis heute ist Hans Ferdinand Mayer, der Verfasser des Dokuments, kaum bekannt. Er riskierte alles und entkam nur knapp dem Tod im KZ. In diesem Buch zeichnet David Rennert die atemberaubende Geschichte des Oslo-Reports nach.

(Klappentext zum Buch)


Pressespiegel

OZ 16.12.2021

Grenzübergreifender Online Projekttag mit Schüler/innen aus Polen und Deutschland im Historisch-Technischen Museum Peenemünde

Peenemünde. Trotz Corona führt das Historisch-Technische Museum Peenemünde (HTM) seine internationalen Bildungsprojekte fort. Da aufgrund der gegenwärtigen Situation keine direkten Schülerbegegnungen möglich seien, würden neue digitale Angebote entwickelt, teilte ein Sprecher des Museums mit. 2021 hätten dafür vier Online-Workshops mit Projektpartnern aus Polen und Deutschland stattgefunden.

Am 1. Dezember fand ein erster grenzübergreifender Online-Projekttag für Schüler vom Schulkomplex Police (Polen) und der Heinrich-Heine-Schule Karlshagen statt. Er wurde als Erstbegegnung der Schüler aus Polen und Deutschland zum Thema Peenemünde geplant und durch den Museumspädagogen des HTM geleitet. Der Projekttag habe den Schülern relevante Informationen und Zusammenhänge zur Geschichte Peenemündes mit einer Präsentation und einem virtuellen Rundgang durch das Museum vermittelt, so der Museumssprecher. Im Anschluss hätten die Schüler mit dem Museumspädagogen diskutieren können. Die bei diesem Pilot-Projekttag gewonnenen Erfahrungen würden nun in weitere für das Jahr 2022 geplante Onlineprojekte einfließen, die zukünftig allen interessierten Schulklassen offenstehen sollen.

Die für die Onlineprojekte erforderliche neue Digitaltechnik des Museums wurde im Rahmen eines gemeinsamen Förderantrages mit dem Landkreis Police als Projektpartner von der Kommunalgemeinschaft Europaregion Pomerania e.V. gefördert.

OZ 15.02.2022

Das Raketenzentrum der Nationalsozialisten auf der Insel Usedom: Entlang der Route gibt es einiges für Geschichtsinteressierte zu entdecken. OZ-Volontärin Stefanie Ploch hat die Tour getestet.Von Stefanie Ploch


Peenemünde. Ruinen im Wald bei Peenemünde. Ein großer, roter Steinbau mitten im Ort, umzäunt und vom Einsturz gefährdet. Bahnschienen, überwachsen mit Gras und Bäumen. Sie sind Reste der ehemaligen Heeresversuchsanstalt der Nazis, dem damals größten militärischen Forschungszentrum Europas zum Bau raketenbetriebener Bomben. Fast 79 Jahre nach der Bombardierung ist davon nicht mehr so viel übrig und doch lässt sich erahnen, was für schreckliche Szenen sich dort abgespielt haben müssen.

Das ehemalige Sauerstoffwerk ist einsturzgefährdet. Wie es damals genutzt wurde, erklärt die App
                                    FOTO:Stefanie Ploch


Mit der App „Denkmal-Landschaft“ des Historisch-Technischen Museums in Peenemünde lässt sich die Geschichte von Station zu Station nachverfolgen. Ich teste, wie gut das funktioniert, lade mir die Anwendung herunter und starte meine Tour am Eingang des Museums. Drei Routen werden angeboten: Alle 23 Stationen, ein Rundweg von 25 Kilometern Länge; eine kleinere Route mit 12 Stopps über Karlshagen, sowie die angepriesene „Kurztour“.Zu Fuß wäre auch diese ein langer Marsch, mit dem Fahrrad sollte das allerdings kein Problem sein.

Start ist an der Bunkerwarte, dem Eingang des Museums. Die App bietet spannende Infos zum Objekt, zusätzlich angereichert mit historischen Fotos. Die Bedienung ist einfach – und wer keine Lust hat, zu lesen, kann sich die Informationen auch anhören. Allerdings merke ich schnell: In die Karte lässt sich nicht gut zoomen, um die eigene Standortmarkierung mit den Stationen abzugleichen.

Punkt zwei auf der Karte ist die Kapelle. Dort findet sich auch ein Schild, das einige Infos enthält, die ich auch dem Handy entnehmen kann. Außerdem der Hinweis auf die verschiedenen Routen – praktisch für diejenigen, die kein Handy haben.

Einige Fußschritte entfernt musste ich staunen: Die Station drei, das Sauerstoffwerk, wirkt schon von außen bedrohlich, dabei ist es in keinem guten Zustand mehr. Das Gebäude war durch Demontage und Luftangriffe bereits beschädigt; nachdem es als Marinedienststelle der NVA als Lagerraum genutzt wurde, steht das heute denkmalgeschützte Gebäude als Ruine in Peenemünde. Das weiß ich aus der App. Mich würde interessieren, wie es dort drinnen aussieht, aber aus Sicherheitsgründen ist das Betreten verboten, das ehemalige Sauerstoffwerk eingezäunt.

Also geht’s weiter zu den nächsten Spots, in den Norden von Peenemünde. Die Straße ist eng, führt vorbei an Spülfeldern zum Flugplatz. Mit dem Auto ist die Strecke etwas buckelig, aber machbar, mit dem Fahrrad im Frühling oder Sommer bestimmt angenehmer.

Station Nummer fünf ist das KZ-Arbeitslager. An diesem haben die Stürme der vergangenen Wochen ganz schön gewütet, das Gelände zu erkunden ist durch umgestürzte Bäume zusätzlich erschwert. Nach Angaben des Museums Peenemünde arbeiteten etwa 12 000 Ingenieure, Techniker und Militärangehörige bis 1945 in der NS-Heeresversuchsanstalt, Hunderte KZ-Häftlinge und Zwangsarbeiter wurden für die Produktion beschäftigt.

Das damalige Arbeitslager löst Bedrücken aus. Unvorstellbar, was hier passiert sein muss. Fünf Häftlingsbaracken, ein Appellplatz, Waschplatz und Küche. Eingezäunt mit Stacheldraht, von dem noch einiges zu sehen ist. Viele Häftlinge kamen dort unter furchtbaren Umständen ums Leben. Die App bietet wieder einige Infos, zusätzlich gibt es auch hier wieder vor Ort Hinweise auf die Stationen. Hier hätte ich mir allerdings noch mehr Erklärungen vor Ort gewünscht, beim Erkunden habe ich mich etwas alleingelassen gefühlt und hatte danach noch viele Fragezeichen.

Der Bahnsteig und die Hauptwache in der Nähe des Arbeitslagers sind in der Anwendung auf dem Handy auch gut aufgearbeitet. Die Rekonstruktionen und alten Fotos helfen bei der Vorstellung, wie es damals aussah. Bei der Hauptwache hätte ich mir in der App mehr Infos gewünscht, gibt es nur noch ein Fundament und einige Reste zu sehen.

Die kleine Route endet dann wieder in Peenemünde. Die weiteren Stationen wie das Materiallager oder das Fernheizungssystem sind nur mit dem Rad zu erreichen. Einen Tag sollte man für die große Tour meiner Meinung nach schon einplanen, wenn man sich Zeit lässt.

Fazit: Die Strecke entlang der Denkmäler der ehemaligen Versuchsanstalt Peenemünde ist sehr interessant und beleuchtet viele Facetten des Inselnordens. Die Vergangenheit wird von der Natur zurückerobert, das sieht man an vielen Stationen. Die Ergänzungen zu den oft kahl wirkenden Ruinen in der App sind hilfreich, um das, was man sieht, einzuordnen. Jedoch ist die App manchmal etwas ruckelig und ein paar mehr Infos wären an der einen oder anderen Stelle schön gewesen. In Verbindung mit einem Besuch des Museums in Peenemünde ist der Rundweg aber in jedem Fall zu empfehlen, wenn man sich für Geschichte interessiert.

OZ 14.02.2022

Als die MiG’s abhoben: Ausstellung zeigt Leben im Jagdfliegergeschwader 9 in Peenemünde

Von Henrik Nitzsche

Der Förderverein präsentiert in der Hafengalerie NVA-Uniformen, Modelle und viele Fotos / 19 tödliche Unfälle in 29 Jahren

Peenemünde. „Es war ein Freitag. Ich hatte meinen Urlaubsschein schon in der Tasche. Ein letzter Blick auf den Flugplatz. Zwei MiG’s starten im Paar, plötzlich steigt am Himmel schwarzer Rauch auf. Da muss was passiert sein. Wir sind sofort mit dem Hilfstrupp ausgerückt.“ Wenn Volkmar Schmidt von diesem schrecklichen Moment erzählt, könnte man meinen, das ist noch nicht so lange her. Ist es aber. Das liegt 57 Jahre zurück – Schmidt schildert den Absturz eines Kampfjets am 13. August 1965. Major Günter Schmidt verunglückte damals mit der Maschine, die in Sassen bei Loitz auf einen Hühnerhof gestürzt war.

Das war einer von 19 tödlichen Unfällen in 29 Jahren, die das Jagdfliegergeschwader 9 der
NVA-Luftstreitkräfte in Peenemünde zu beklagen hatte. Der letzte Absturz passierte am 13. September 1990. Damals kam Major Sascha Syrbe ums Leben Das geht aus der Zeittafel hervor, die alle Personalien zum Jagdfliegergeschwader 9 beinhaltet. Und die Teil der neuen Ausstellung in der Hafengalerie ist. „Das ist keine nostalgische Schau. Das ist Zeitgeschichte. Wir wissen noch, wie es damals war“, sagt Schmidt , der 1963 als Offizier zum Peenemünder Geschwader gekommen war. Bis zur Wende diente er dort.

Die Macher der Ausstellung mit Flugzeugmodellen: Lutz Hübner (l.) und Volkmar Schmidt. FOTO :Henrik Nitzsche

Mit Lutz Hübner (69) hat er einen Mann an seiner Seite, der ebenfalls das Jagdfliegergeschwader, das zum 10. Jahrestag der NVA am 1. März 1966 den Ehrennamen Heinrich Rau erhielt, bestens kennt. Hübner kam 1975 nach Peenemünde und arbeitete im Werkstattbereich. Er wurde von der Bundeswehr übernommen und schied 2006 aus. Jede Menge Fachkompetenz, ein gutes Netzwerk und viel Platz in der Hafengalerie – so ist die Ausstellung des Fördervereins Peenemünde entstanden, die im März eröffnet werden soll.

Ein Wälzer vom Triebwerk 77
Vorläufer, der am 16. Mai 1961 begründeten Einheit war ein Geschwader am Flugplatz Cottbus-Drewitz, das 1961 nach Peenemünde verlegt wurde. Um die 1000 Mann – Uniformierte und Zivilkräfte – waren hier beschäftigt. „Wir haben vieles aus dieser Zeit zusammengetragen“, sagt Hübner und zeigt auf eine Vitrine mit Dienstausweisen, Vorschriften und einem dicken Technik-Wälzer. Das dürften locker um die 800 Seiten sein. „Das ist die Gebrauchsanweisung vom Triebwerk 77 der MiG 23“, sagt Hübner.

Neben vielen kleinen Flugzeugmodellen, einem Flugdatenschreiber und Modellen von den sogenannten Boxen der Maschinen (offene Flugzeugabdeckung mit Tarnnetz und geschlossene) haben die Macher viele Fotos zusammengetragen. Auf einem Schwarz-Weiß-Foto ist Siegmund Jähn als Pilot zu sehen. Er war der erste Deutsche im All. Am 26. August 1978 startete er und umrundete an Bord einer sowjetischen Raumstation die Erde.

Als Siegmund Jähn in Peenemünde landete
Anfang der 70er Jahre landete Siegmund Jähn bei einer Übung auf dem Peenemünder Flugplatz. Wir haben ihn versorgt. Er war ein ganz feiner Kerl, der menschlich nie abhob“, sagt Volkmar Schmidt, der Jähn (starb 2019) nach der Wende bei Veranstaltungen der „Nordischen Wochen der Raumfahrt und Weltraumforschung“ getroffen hat.

Zurück zur Ausstellung: Erinnert wird auch an das Funktechnische Bataillon 33 sowie das Nachrichten- und Flugsicherungsbataillon 9, was in Putgarten, Saal und hauptsächlich Pudagla stationiert war. Viele Fotos widmen sich auch der Kontroll- und Reparaturstaffel. „Natürlich gehen wir auch auf die Verbundenheit mit den russischen Streitkräften ein“, sagt Schmidt. Er hofft, dass er für die Dauerausstellung noch weiteres Material aus der Zeit bekommt. „Wir freuen uns über weitere Leihgaben.“

Ausstieg aus dem Katapultsitz einer MiG

So wie der Katapultsitz einer MiG, der in den nächsten Tagen erwartet wird. Und dieser Sitz hat eine besondere Geschichte, wie Hübner erzählt: „Am 29. Januar 1969 gab es auf der Peenemünder Startbahn den ersten Ausstieg aus dem Katapultsitz auf Höhe Null unter den Warschauer Vertragsstaaten. Beim Start gab es Schwierigkeiten mit der Maschine, so dass sich der Pilot noch auf der Bahn ausklinkte.“
Und wer schon in der Hafengalerie ist, kann im Nebenraum das Marine-Museum besuchen. Hier wird die Geschichte der Volksmarine in Peenemünde erzählt. Dazu gehörten auch Raketenschiffe der Tarantul-Klasse. Das einzige erhaltene Kampfschiff der Volksmarine in Deutschland liegt im Peenemünder Hafen direkt vor der Galerie.

In eigener Sache

Am 01.03.2022 wurde durch den Förderverein Peenemünde e.V. die Ausstellung zur „Geschichte des Jagdfliegergeschwaders 9“ eröffnet.

Impressionen der Eröffnungsveranstaltung

Wir danken für die eingegangene Spende

PHBG Peenemünde
3000,00 €
Herrn Hartmut Nagel
200,00 €
Herrn Hansgeorg Riedel
100,00 €
Frau Dagmar Bergemann
50,00 €
Frau Lucia Mokelke
50,00 €
Herrn Norbert Höllerer
500,00 €
Herrn Gerhard Hansen
50,00 €


Herrn Torsten Milzow
300,00 €
Herrn Norbert Rux
200,00 €
Frau Manuela Hoffmann
1000,00 €
Frau Katja Hesse
1000,00 €
Herrn Dr. Andreas Bernig
250,00 €
Herrn Frank Bernig
250,00 €




Im Januar hatten Geburtstag

Herr Reinhard Dicke, Willich; Herr Rainer Adam, Karlshagen;

Frau Dr. Mechthild Wierer, Berlin; Herr Christoph Beyer, Berlin;

Herr Hansgeorg Riedel, Braunschweig; Herr Frank Giesendorf, Berlin;

Herr Norbert Nitzke, Revensdorf; Herr Thorge von Ostrowski, Tellingstedt;

Herr Dirk Faißt, Dornstetten-Aach; Brigitte Faißt, Dornstetten-Aach


Im Februar haben Geburtstag

Herr André Kahl, Flensburg; Herr Andreas Gramm, Gera

Herr Klaus Schrader, Halberstadt; Herr Dr. Wolfram Haider, Berlin;

Herr Axel Hungsberg, Nordhausen;

Dem Freund des Vereins Herr Karl-Willi Bührer, Gaildorf


Im März haben Geburtstag

Frau Waltraud Müller-Daniel, Faßberg; Herr Joachim Barsch, Altheim (Alb);

Herr Prof. Dr. Günter Brittinger, Essen; Mr John Pavelin, Barling Magna;

Herr Adolf Frank, Hardthausen; Frau Dr. Rita Habicher, Berlin;

Herr Lutz Hübner, Karlshagen; Herr Holger Neidel, Sassnitz;

Herr Joachim Saathoff, Karlshagen



Herausgeber: Förderverein Peenemünde „Peenemünde - Geburtsort der Raumfahrt" e.V.,
Registergericht: Amtsgericht Greifswald Registernummer: 6143 Steuernummer: 084/141/08548
Anschrift: Förderverein Peenemünde e. V. Waldstraße 03 17449 Karlshagen; Tel.: 038371/20106; 038371/20695
e-mail:
huebner-l@t-online.de Homepage: www.foerderverein-peenemuende.de


Gestaltung: Gestaltung: Lutz Hübner und Klaus Felgentreu, Karlshagen; Druck: „Druck-mit-uns“ Sperberhorst 6 22459 Hamburg

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