Im Gedenken an Reinhold Krüger
* 18. Februar 1930
+ 29. Mai 2005

Am 4. Mai 2005 nahmen wir, zusammen mit seinen Angehörigen und vielen Freunden, Abschied von Reinhold Krüger auf dem Friedhof in Koserow.

Sein Tod ist für uns ein schmerzlicher Verlust, war er doch eine tragende Säule unseres Vereins bei der Erforschung der Peenemünder Geschichte.

Seit der Gründung des "Neuen Historischen Vereins Peenemünde" am 28.07.1990 war er dabei. Seiner guten Kenntnis des Peenemünder Geländes verdanken wir viele wertvolle Funde.

Als Reinhold Krüger im Frühjahr 1944 seine Lehre als Dreher im Metallbau Peenemünde Nord begann, wird er nicht daran gedacht haben, dass sein gutes Erinnerungsvermögen 46 Jahre später dazu führen würde, den Grundstock für ein kleines Museum zu legen. Insbesondere ihm ist es zu verdanken, dass am 9. Mai 1991 in der ehemaligen Bunkerwarte des Kraftwerkes Peenemünde das "Historisch - Technische - Informationszentrum" feierlich eröffnet wurde. Das HTI profitierte auch weiterhin von seiner akribischen Arbeit.

Unvergessen bleibt für uns, wie wir mit Reinhold im ehemaligen Peenemünder Gelände in einem verschütteten Bombentrichter Teile der A 4 fanden, die er als Lehrling vergraben hatte.

Auf seine Kenntnisse konnte der Vorstand nicht mehr verzichten. Folgerichtig wurde er in den Vorstand des Vereins berufen. Seit dieser Zeit hat er uns immer durch seine zielstrebige, präzise und gründliche Arbeit beeindruckt. Er vertrat immer nur das, was bewiesen werden konnte. Raum für Spekulationen gab es bei ihm nicht. Sein Unmut wurde immer dann geweckt, wenn vermeintliche "Historiker" die Peenemünder Geschichte zu nutzen versuchten, um sich zu profilieren. Er sah, wie wir, die Peenemünder Geschichte wie sie war und nicht wie man sie gerne hätte. Wie sie war, das zeigt das maßstabsgetreue Modell einer A4 am Eingang des HTI. Er war der Initiator für den Bau dieses Modells, unter Einbeziehung von Originalteilen einer A 4. Damit hat sich Reinhold Krüger ein bleibendes und sichtbares Denkmal gesetzt. Viele haben von seinem Wissen profitiert. Er war ein gesuchter und geschätzter Gesprächspartner, für Schüler genauso wie für alle anderen, die sich für die Peenemünder Geschichte interessierten. Für uns war er Freund, Lehrer und Kritiker zugleich, der immer ehrlich seine Meinung vertrat und uns damit ermunterte weiterzumachen.

Danke Reinhold! Du wirst uns fehlen!

Im Namen des Vereinsvorstandes
Klaus Felgentreu



Wir nehmen Abschied, aber wir werden nie vergessen

 

Mit großer Trauer nimmt die V2-Research-Gruppe Abschied von Reinhold Krüger.

Viele von uns, die Reinhold persönlich kennengelernt haben auf den Exkursionen durch die Peenemünder Geschichte, empfinden seinen Heimgang als einen großen menschlichen Verlust. Sein freundliches Wesen und seine Geduld bei der Beantwortung der vielen Fragen, die nur ein Zeitzeuge wie er glaubhaft beantworten konnten, trugen ihm unseren Respekt und Sympathie ein.

Der Besuch von Tracy Dungan (USA), Ed Straten (Niederlande) und Gerhard Helm im Frühjahr 2002 in Peenemünde war auch für Reinhold eine positive Erfahrung, traf er doch hier bei den Mitgliedern der V2-Research-Gruppe auf einen Kenntnisstand, der ihn gleichermaßen überraschte und erfreute, wurde doch hier frei jeglicher Ideologie an der Dokumentation und Erforschung der Peenemünder Raketen gearbeitet, und das weltweit.

Reinhold hinterläßt eine nicht zu schließende Lücke. Die vielen positiven Impulse, die er der Gruppe gegeben hat, verpflichten uns, in seinem Sinne an der Bewahrung und Würdigung der Peenemünder Forschungen weiter zu arbeiten.

Tracy Dungan (USA)

Ed Straten (Niederlande)

Laurent Bailleul (Frankreich)

Gerhard Helm (Deutschland)

In Vertretung für alle Mitglieder der V2-Research-Gruppe

Reinhold Krüger und Konrad Dannenberg am Prüfstand 7




Geschichte und Gegenwart

 

Das erste Infoblatt 2005 fällt in eine Zeit, wo man beginnt, sich der Ereignisse vor 60 Jahren zu erinnern. Es geht um das Ende des 2. Weltkrieges. Viele Mitglieder unseres Vereins haben diese Zeit unterschiedlich erlebt und somit sind auch die Erinnerungen unterschiedlich. Auf Peenemünde bezogen ist das sicher nicht anders. Was spielte sich von Januar 1945 bis März 1945 hier, im Nordteil der Insel Usedom, ab?

 

Das waren:

 

  • der erfolgreiche Erststart einer A 4b am 24. Januar 1945,
  • der letzte Abschuss einer A 4 am 17.02.1945 vom Prüfstand 7,
  • der Befehl von Kammler vom 31.01.1945 zur Evakuierung von Peenemünde,
  • der Beginn des Umzuges am 17.02.1945 nach Süddeutschland,
  • Wernher von Braun verlässt Peenemünde Anfang März 1945, ebenfalls in Richtung Süddeutschland,
  • die Flucht M. P. Dewjatajews am 08.02.1945 mit weiteren 9 sowjetischen Häftlingen mit einer He 111 von Peenemünde West.

 

Vom 13.Juni 1942 bis 17.Februar 1945 erfolgten in Peenemünde 282 Erprobungsabschüsse der A 4. Davon auf dem Prüfstand 7 allein 175. In Peenemünde wurden 200 Geräte A 4 gebaut.

 

Es ist bekannt, dass am 07.April 1945 annähernd 500 Peenemünder mit einem Sonderzug den Nordteil der Insel Usedom in Richtung Süden verließen. Am 04. Mai 1945 nahmen sowjetische Soldaten Peenemünde kampflos ein.

 

Über die Peenemünder Zeit von 1936 bis 1945 wurde viel geschrieben, wird viel diskutiert und wird sicher auch weiterhin viel gesprochen werden. Politiker versuchten sich zu profilieren, sogenannte Historiker haben die Peenemünder Geschichte für sich zurechtgebogen. Wahre Kenner der Materie sind sich mit uns einig: Peenemünde ist und bleibt der Geburtsort der Raumfahrt!

 

Für uns ist nicht umstritten, dass die Entwicklung der Raketentechnik in Peenemünde der Raumfahrt entscheidende Impulse gegeben hat. Die amerikanische Publizistin Marsha Freeman schreibt dazu in ihrem 1993 erschienen Buch „How we got to the monn. The story of the German space pioneers“ folgendes: „ Mit dem Forschungsprogramm von Peenemünde lässt sich eigentlich nur das spätere Apollo-Programm der USA vergleichen, das den ersten Menschen auf den Mond brachte. Und daran waren ehemalige Peenemünder maßgeblich beteiligt.“

 

Wir freuen uns, dass unser langjähriges Vereinsmitglied, Dr. Reinhard Dicke aus Willich, sich konkret mit der Thematik „Deutschland und die Rakete“ auseinandersetzt. Wir glauben, dass er damit einen wichtigen Beitrag zur Raketendiskussion in Deutschland leistet und werden sein interessantes Material unseren Lesern des Infoblattes nicht vorenthalten. In Fortsetzung geben wir sein Werk im Infoblatt 02/05 ohne Kürzung wieder. Seine Arbeit hat den Titel:

 

Deutschland und die Rakete – Eine Zwiebel unter Ockhams Razor*

 

Er unterteilt seine Erarbeitung in 5 Abschnitte:

 

  1. Die Rakete als Stolperstein für Deutschland.
  2. Die Entwicklung der Rakete als Waffe.
  3. Die Großrakete, ein Faszinosum. Ein evolutionärer Schritt für die Menschheit.
  4. Die Frage der Schuld deutscher Raketeningenieure.
  5. Die Rakete heute als Waffe und Forschungsgegenstand.

 

Im Infoblatt 02/05 setzen wir mit den Abschnitten 4 und 5 die Veröffentlichung fort.

 

 

Zu 4. : Die Frage der Schuld deutscher Raketenwissenschaftler.

 

Man mag Anstoß daran nehmen, dass aus Kostengründen Erfindungen zur Realisierung den Kriegsministerien angeboten werden.

Da durch neue Erfindungen die Verteidigungsfähigkeit des eigenen Landes verstärkt werden kann, haben Erfinder immer ein gutes Gefühl dabei, das Kriegsministerium als Financier zur Realisierung ihrer Erfindung zu benutzen. Ja, viele Erfinder arbeiten direkt für die Rüstung. Schon das Schulwissen erinnert an Heraklit, der da sagte: „ Der Krieg ist der Vater aller Dinge.“ Man kennt Wieland den Schmied, der seine Schwerter durch Nitrieren in Entenkot härtete, Archimedes, der Verteidigungsanlagen für Syrakus baute. Leonardo da Vinci, der Revolverkanone und Panzerwagen entwarf. Wright-Flugzeuge und Zeppelin-Luftschiff wurden dem Kriegsministerium angedient. Porsche, Heinkel, Messerschmitt, Krupp dienten mit Maschinen der Aufrüstung, die chemische Industrie mit den Nervengasen Tabun, Sarin und Soman.

Eine Waffe zu erfinden oder zu produzieren ist a priori nichts Schlechtes. Die Welt ist voller Gefahr, Verfolgung und Schlechtigkeit, so dass von Natur aus ständige Verteidigung erforderlich ist.

So hat denn die Natur alle Lebewesen mit Waffen, offensiven oder defensiven, sowie mit der Möglichkeit der Flucht in die Distanz oder in die Unsichtbarkeit (Tarnung) ausgerüstet, und die Evolution verbessert die Waffentechnik immer weiter bis zur hochgradigen Perfektion.

 

Einige führende selbständige Erfinder sind vor dem ersten Weltkrieg bei der Entwicklung ihrer Erfindungen mit großen Summen vom Militär finanziert worden. Die Flotte unterstützte Sperry bei der Arbeit an den von ihm entwickelten Methoden der artilleristischen Feuerleitsysteme und de Forest und Fessenden bei der Verbesserung des drahtlosen Telegraphen und des Sprechfunks. Die amerikanische Armee kaufte die Flugzeuge der Gebrüder Wright, und die britischen Streitkräfte unterstützten Maxim bei der Entwicklung des Maschinengewehrs. Beschäftigt man sich eingehender mit den Beziehungen zwischen den selbständigen Erfindern und dem Militär, dann sieht man, wie weit die Wurzeln der Rüstungsindustrie und besonders der Einfluss des Militärs auf die Auswahl der von den Erfindern zu lösender Probleme in die amerikanische Vergangenheit zurückreichen.

(Th. P. Hughes: Die Erfindung Amerikas)

 

Festzuhalten ist außerdem, dass Wernher von Braun von Dornberger gebeten wurde, seine Rakete für die Reichswehr zu bauen, die sie allenfalls als Verteidigungswaffe benutzen konnte, denn einen Aggressionskrieg würde die Reichswehr bei ihrer Kampfstärkebeschneidung durch die Alliierten nicht planen. Für die Zeit der Zusammenarbeit mit der Reichswehr gab es also keine moralischen Bedenken.

 

Und noch ein Zitat aus dem Buch „Der Schuss ins All“ (1925) des bekannten Raumfahrtpropagandisten Otto Willi Gail, das der junge Wernher mit Sicherheit las.   Eine Industriespionin verteidigt sich vor dem bestohlenen Erfinder:

 

„Sie zögerte mit der Verwertung ihrer Arbeit. – Sie wiesen ausländische Gelder ab, und in dem verarmten Deutschland konnten sie die benötigten Kapitalien nicht aufbringen. Ungeduldig sehnte ich den Bau eines praktisch verwendbaren Modells herbei. – Erschüttert vernahm Korf die Offenbarung... doch eine Ahnung stieg in ihm auf, dass es vielleicht auch im Sittlichen eine Schweregrenze geben mochte, an der Begriffe oben und unten ihren Sinn verlieren.“

 

Die unter ungeheuren finanziellen und personellen Einsatz der Rüstungsministerien von Heer und Luftwaffe entwickelte Vorstufe (A4) der geplanten Raketenwaffe (A9) wurde später unter Hitler übereilt zum Einsatz gebracht. Mit ihr wurden sinnlose Menschenopfer am absehbaren Ende eines von der Hitler-Regierung ausgelösten verbrecherischen Angriffkrieges verursacht.

 

Die deutschen Techniker, die jene Kriegswaffe entwickelten, die ihnen später von der Prätorianergarde des verbrecherischen Regimes, der SS, als unfertige Waffe entrissen wurde, sind heute verfemt und wurden als opportunistische, skrupellose, willfährige Waffenschmiede angeprangert.

 

„Wie in- und ausländische Militärs heute urteilen, hat die A4 jedoch keine entscheidende Bedeutung gehabt. Sie kam zu spät und war in ihrer Wirksamkeit vorhandenen Waffen, wie Flugzeug und Artillerie in Zerstörungskraft und Zielgenauigkeit unterlegen. Wenn man die Produktionskosten und den Aufwand für die jahrelange Entwicklung mit ihrer militärischen Bedeutung ins Verhältnis setzt, so muss man sagen, dass der Bau der A4 eher die deutsche Niederlage gefördert als eine Verlängerung der Kriegshandlungen verursacht hat. So wurde bereits im Kriege von anderen Waffenproduzenten die Entwicklung der A4 mit Sabotage verglichen.“

(A. Speer: Erinnerungen)

 

Wie ist aber zu erklären, dass Wernher von Braun und seine 5000 Mitarbeiter in Peenemünde und die 5000 Mitarbeiter außerhalb Peenemündes willfährig und eifrig weiter einer Regierung dienten, deren kriminelle Taten für jedermann langsam offenbar wurden? – Die Frage kann man erweitern zu der Frage, warum Generäle des Heeres, Großadmiral Dönitz, ein Messerschmitt, ein Porsche, ein Fieseler, ein Dorpmüller, ein Degenkolb und tausende andere Führungspersonen und Manager sowie die ganze deutsche Industrie bereitwillig einen Verteidigungskrieg weiter unterstützten, nachdem ein deutscher Sieg aussichtslos geworden war.

 

Die Antwort kann nur die Psychologie geben.

 

Alle diese Menschen hatten aus Not und Verblendung ein menschenverachtendes Regime gewählt oder akzeptiert, das unerwartet einen imperialistischen Vernichtungskrieg anzettelte. Als die überfallenen, verbündeten Gegner, ihre Freiheit unter hohen Verlusten erfolgreich verteidigten, und in Deutschland einrückten, befürchtete man mit Recht ein hartes Strafgericht mit einem Friedensdiktat, noch härter als das von Versailles. Deshalb hoffte man verzweifelt auf ein schicksalswendendes „Wunder“, das heißt auf Wunderwaffen, wozu die A4 gehörte.

 

(Alle sind)... „gewillt, durchzuhalten, denn jedem ist klar, dass in diesem Krieg es keine Niederlage geben darf, denn was danach käme, das ist überhaupt nicht auszudenken. Deutschland und wir selbst mit ihm würden untergehen.“

(General G. Heinrici: „Briefe 1943“)

 

Natürlich hat das Volk im weitesten Sinne – einschließlich seiner Intelligenz – sich voll eingesetzt, die Wehrmacht ihr ganzes, traditionell unterbautes Können zur Verfügung gestellt und die intakte Wirtschaft alles hergegeben, um den Kampf nicht verloren gehen zu lassen. Aber ein zusammenfassender, antreibender Motor muss gewesen sein, gerade in den letzten zwei Jahren. Es ist klar, dass dies nur Adolf Hitler sein konnte und es auch in der Tat war.

(A.    Speer: Protokoll 1: Adolf Hitler, 1.8.45)

(B.      

Was den Mut zur Verweigerung betrifft: Wer in Peenemünde nicht unabkömmlich war, landete mit großer Wahrscheinlichkeit an der russischen Front.

 

Aber warum hatten so viele Deutsche ein solch imperialistisches Regime seinerzeit zur Macht kommen lassen?

Hier stoßen wir mit Ockhams Razor* auf den innersten Kern der Zwiebel, die Grundursache für den Einsatz der Rakete als Kriegswaffe.

Warum konnte sich ein Hitler mit einer neuen imperialistischen Ideologie zum Diktator auf- schwingen?

 

Wesentlich war wohl, dass man ihm den Mut, die Frechheit, die Chuzpe zutraute, den von ihm so massiv angeprangerten Versailler Friedensvertrag, bzw. den daraus abgeleiteten Young-Plan zu boykottieren. Nur das allein kann es aber nicht gewesen sein, denn die Alliierten wurden zunehmend verhandlungsbereiter. Auch sein suggestives Reden kann nicht entscheidend gewesen sein, denn gerade in der Zeit des Redeverbots 1925 bis 1926 in Bayern und Preußen stieg die Mitgliederzahl der NSDAP sprunghaft an. Man hatte eigentlich auch Jahre Zeit, sich mit dem Gedankengut der Nazis vertraut zu machen. Außerdem beschrieb Hitler in seinem Programmbuch „Mein Kampf“ in erstaunlicher Offenheit seine bösen Absichten, die Ziele seiner Partei.

 

Ein Mann allein ist nicht in der Lage, eine Weltkatastrophe auszulösen, das kann er nur mit Hilfe zahlreicher Mitarbeiter. – Warum kooperierten so viele Deutsche mit dem „Teufel“? Warum nahmen so viele keinen Anstoß an Hitlers Parteiprogramm?

 

Die schockierende Antwort ist: Hitler stürmte durch offene Türen nach oben, anders hätte der ungeschulte, autodidaktische Mann aus Obdachlosenasylen mit der Suada eines Marktschreiers nicht Massen in rasende Begeisterung versetzen können.

 

Hitler in seiner ordinären Hemmungslosigkeit wagt es, das allgemeine, unausgesprochene menschliche Fühlen, die heimlichen Wünsche der Menschen zu artikulieren. Die Menschen nahmen keinen Anstoß an ihm, weil das deutsche Volk zur Zeit der Weimarer Republik durch das Versailler Friedensdiktat in seiner Gesamtheit in tiefster Not steckte. Inflation und Massenarbeitslosigkeit führten zu Verarmung quer durch alle Volksschichten. Und Moral und Altruismus gedeihen eben nur im Wohlstand. („Erst kommt das Fressen, dann die Moral“ – Brecht) – Was ist in der Not moralischer, seine Kinder verhungern lassen oder stehlen? – Existentielle Not enthemmt schamlosen Egoismus.

 

Der Mensch neigt von Natur aus zur Selbstüberheblichkeit und damit zu diktatorischer Autorität. Seinen Glauben, seinen Willen, seine Meinungen möchte er apodiktisch Allgemeingut werden lassen.

 

Religiöses und politisches Dissidententum löst Hassgefühle und den Wunsch nach Ausstoßung und Verfolgung aus.

 

Er ruft nach Brutalität und Intoleranz gegenüber Normabweichlern zur Aufrecherhaltung von Ruhe und Ordnung. – „Ordnung“ = angepasstes Wohlverhalten.

 

Eine Gelegenheit zur Alleinherrschaft, zumindest zur Ausübung von Macht, würde er nicht ausschlagen und eine derartige Hebung seines Selbstgefühls begrüßen.

 

Natürliche Veranlagung zu Egoismus, Pleonexie und Neid fördern imperialistisches und chauvinistisches Denken.

 

Landnahme mit Gewalt bei Überbevölkerung löst kein Unrechtsbewusstsein aus.

(Es gab bis „Nürnberg“ keine verpflichtenden völkerrechtlichen Gesetze, nach denen jeder Angriffskrieg eine verbrecherische Handlung dargestellt hätte.)

 

Das Denken und Handeln des  Menschen ist egoistisch und unsozial, kapitalistisch (= anti – kommunistisch, jenseits ideologischer Verstrickung).

 

Sportlicher und beruflicher Wettstreit (Konkurrenzkampf) ist ein bewusst oder unbewusst gelebter darwinistischer Struggle for life (gelebter Sozialdarwinismus).

 

Der Slogan, Gemeinnutz geht vor Eigennutz, wird akzeptiert, wenn man selbst Nutznießer des Gemeinnutzes zu werden hofft. – Missachtung von Persönlichkeitsrechten.

 

Eigene finanzielle und körperliche Belastungen durch notleidende, hilfsbedürftige Personen ist er geneigt, durch direkt oder indirekt unterlassene Hilfeleistung zu vermeiden. (= Ausrottung).

 

Eine angeborene Xenophobie verleitet ihn, rassistisch zu denken. – Nationalgefühl beruht auf einem staatsbezogenen Egoismus.

 

Man vergleiche das Denken und heimliche Handeln auf der Erde mit diesen Maximen des Nationalsozialismus, man lese die Skandalberichte in den Tageszeitungen, die Berichte von Amnesty International, und man wird mir Erschrecken feststellen, dass auch heute noch weltweit, auch in demokratischen Ländern, untergründig, stillschweigend nach diesen Maximen gehandelt und gelebt wird.

Krimineller Egoismus, Korruption, Betrug und eine Wirtschaft, die krassesten Kapitalismus nicht nur lautlos befolgt, sondern auch schamlos preist, durchsetzen die europäischen Länder und die USA. Diese Demokratien sind kein Deut besser als Länder der Dritten Welt oder eine Bananenrepublik.

 

Grundsätzlich sind selbstsüchtige Motivationen korrigierbar, vor allem in der Kindheit bei der Prägung des Gewissens, aber das ist mühsam und erfordert viel dressierende Überzeugungskraft.

 

Hitler sprach aber nicht nur die niederen Instinkte an. Er zeigte auch Zugang zu höheren Weihen auf:

 

„Niemals ist der Redner Hitler allein er selber. In bedrängendem Wechselspiel ist er Richtstrahler und Antenne zugleich. Wohl suggeriert der blindwütige Zerstörer den Massen seine Absichten, nicht minder aber saugt er bei jeder Begegnung mit ihnen in sich auf, was alles an Überholtem, Unechtem, Verlogenem in der Atmosphäre liegt.

Hitler extrahiert von seinen Kommunikanten alle möglichen Minderwertigkeitskomplexe und dunklen Triebe, er verkleidet die hundertfältigen Unlustgefühle in Idealismus und Opferbereitschaft.

(H. B. Gisevius: Adolf Hitler)

 

Verdrängung der Scham, der Schmach des verlorenen Krieges. Indem er die durch Übermacht der Gegner bedingte Niederlage mit Verrat (Dolchstoß durch die „Novemberverbrecher“) begründete, glorifizierte er die Kämpfer des 1. Weltkrieges zu Märtyrern und Helden.

 

Die deutschen Männer fühlten sich aber nicht nur ehrlos als Besiegte, sondern ihr Stolz und Selbstbewusstsein wurden auch durch Arbeitslosigkeit und verschuldete Armut gebrochen. Diese Not versprach er mit unparlamentarischen Maßnahmen, Aufkündigung der Reparationszahlungen und Sozialismus zu besiegen.

 

Der Mensch hat auch eine angeborene Tendenz, sich zu transzendieren, das heißt, ein Bedürfnis, trotz seines Egoismus durch selbstlose edle Taten, Ewigkeitswerte zu schaffen. Denn sein Ichbewusstsein kann nicht akzeptieren, dass dieses, sein Ich, schließlich ins Nichts vergehen soll.

 

Viele Religionen kommen diesem Bedürfnis entgegen, indem sie Wege zu einem ewigen Leben aufzeigt. Aber auch der Nichtgläubige sucht sich zu profilieren, ewige Werte zu schaffen.

 

Mit Selbstlosigkeit, Kameradschaft, Treue, Hilfsbereitschaft, Opferbereitschaft und hervorragenden Leistungen für Volk und Nation zeigte Hitler Werte auf, mit denen man sich vor der anonymen Masse auszeichnen, sich profilieren und ewigen Ruhm und Ehre erlangen konnte.

 

Die allgemeine körperliche und seelische Not ließ die Versprechungen des charismatischen Demagogen Hitler als Erlösung erscheinen und seine Moraldefekte übersehen.

 

Und der Weg in die Diktatur ist eine Einbahnstrasse: Hinein geht es leicht, heraus kommt man mit eigener Kraft kaum.

 

Nun kann man die tiefsinnige Frage stellen, warum gerade von  Deutschland zwei beispiellose Weltkriege ausgelöst wurden, deren zweiter noch von unfassbaren Grausamkeiten begleitet war. Sind die Deutschen besonders kriminell oder aggressiv veranlagt?

Alles Geschehen hat seine logische Ursache, und auch die Ursache für Deutschlands Rolle als enfant terrible im 20. Jahrhundert liegt in einer Verquickung von Zufall und Notwendigkeit.

Um das Jahr 1914 hatte die technische Entwicklung und Industrialisierung in den zivilisierten Ländern eine bisher nie da gewesene Höhe erreicht, denn die technische Entwicklung befand sich in dieser Zeit am Umschlagpunkt eines exponentiellen Wachstums, dessen steiles Ansteigen wir heute weiter erleben. Außerdem hatte der zeitgenössische Kolonialismus und Imperialismus waffenstarrende, äußerst kriegslüsterne Nationen hervorgebracht. Ein Hegemonialkrieg drohte in Europa. Zufällig zu dieser Zeit ließ sich Deutschland leichtfertig mit in den Krieg reißen, der notwendigerweise ein Krieg der Technik, ein Materialkrieg werden musste, der die räumlichen und materiellen Dimensionen früherer Kriege sprengte. Der daraus folgende auch überdimensionierte, psychologisch ungeschickte, unrealistische Reparationen fordernde Versailler Friedensvertrag verelendete Deutschland, so dass das deutsche Volk anfällig für kurzsichtiges revanchistisches Denken wurde.

Der dann, nach 20 Jahren exponentiell weiter fortgeschrittener Technikentwicklung, von Hitler begonnene zweite noch schrecklichere Weltkrieg war also mehr oder weniger vorprogrammiert.

 

Krieg ist keine Folge von technischem Fortschritt oder vorsorglicher defensiver Aufrüstung, sondern wird verursacht durch allgemein menschliches Fühlen, Denken und nationalistisches Handeln bei evolutionsbedingtem Verlust von Sozialinstinkten (insbesondere der innerartlichen Tötungshemmung), über die fast alle Tiere verfügen. – Höhere Tiere kennen keine Kriege innerhalb ihrer Art.

 

Nun macht man Wernher von Braun und seinen Mitarbeitern den Vorwurf, dass sie die von ihnen entwickelte Waffe einer Regierung zur Verfügung stellte bzw. nicht verweigerten, die sich als verbrecherisch entlarvte. Das Land befand sich in einem Krieg, der angeblich vom Ausland ausgelöst worden war, wie die Propaganda glauben machte:

 

„Den in letzter Minute von Deutschland gemachten friedlichen Lösungsversuch beantwortete Polen mit der Generalmobilmachung, verstärktem Terror gegenüber Volksdeutschen und schließlich mit offenen Angriffen auf das Reichsgebiet.“

(Reibert: Dienstunterrichtsbuch/Januar 1940)

 

Nach erneuten ungeheuren Menschen- und Materialverlusten stand Deutschland wieder kurz vor einer Niederlage, die schlimmste Repressionen durch die Gegner befürchten ließ, Repressionen (z.B. Morgenthau-Plan), die wahrscheinlich das so schreckliche Versailler Friedensdiktat von 1919, nach dem letzten Kriege, in den Schatten stellen würde.

Zum Erkennen der Unrechtmäßigkeit der Regierungsentscheidungen und zu der Bereitschaft, sich der Gnade der Gegner zu unterwerfen, waren die Peenemünder nicht fähig.

 

Durch die neue Raketenwaffe erhoffte man sich die Wende der Kriegslage, zumindest eine bessere Verhandlungsposition den alliierten Gegnern gegenüber zu schaffen.

 

Wernher von Braun und seinen Mitarbeitern wäre theoretisch die innere Emigration mit heimlicher Verweigerung der Weiterarbeit möglich gewesen.

Aber sie arbeiteten nachweislich unter Aufsicht der SS produktiv weiter, bis zur provisorischen Einsatzbereitschaft der Raketenwaffe. Selbst der äußerst brutale Einsatz von Zwangsarbeitern in den Produktionsstätten, der gegen die Genfer Konvention und die Menschenrechte verstieß, führte nicht zu einem ideologischen Bruch mit dem Regime.

Dass Wernher von Braun sich nach 1939 nicht von seinem Hobby zurückzog, zumindest in die innere Emigration, mag objektiv schuldhaft sein, subjektiv nicht unbedingt bei der zensurbedingten Unwissenheit der meisten Deutschen. Wie weit trotz der Einsicht, des Teufels Ingenieur zu sein, seine Hobbybesessenheit die Oberhand behielt, kann kein Außenstehender beurteilen. Wir können sein Denken nicht nachvollziehen, das konnte er später wahrscheinlich selbst nicht mehr ohne Vorurteil und gewissensentlastende Verdrängung.

Als gegen Ende des Krieges tiefere politische Einsichten möglich waren und die A4 gebrauchsfähig war, hatte die SS weitgehend die Initiative übernommen.

 

Man kann nur spekulieren, ob von Braun und seine Mitarbeiter aus Opportunismus (Weiterentwicklung der Mond- bzw. Raumrakete) oder blindem Nationalismus weiter zum Nationalsozialismus standen. Beides mag zusammen gewirkt haben.

Von Braun sagte einmal den sibyllinisch-schuldimmanenten Satz, der auf die dunkle Grotte des Unterbewusstseins weist: „Wir tun es, ohne zu wissen was wir tun.“

 

Wir wissen heute, dass früher oder später so manchen dieser „Betroffenen“ das große Entsetzen gepackt hat. -... und dann sind die „anständigen“ unter ihnen nach vorn geflohen: Als Soldat kann man tapfer sein, und je heldenhafter man ist, desto weniger muss man sich darum kümmern, was hinter der Kampflinie vor sich geht; auch als Wirtschaftler braucht man an die „vorderste Frontlinie“ zu denken, dann erfüllt man seine nächstliegende Aufgabe, die kämpfende Truppe erhält ihren unentbehrlichen Nachschub, und man selber ist aus dem Dilemma heraus.

(h. B. Gisevius: Adolf Hitler)

 

Wie subjektiv und schmalspurig Denken verlaufen kann, beweisen Sätze, die der Chef General Dornberger nach dem Bombenangriff auf Peenemünde August 1943 sagte und die er noch 1958 in seinem Buch „Peenemünde“ wiederholte: „Mein armes, armes Peenemünde!“

... „Eindruck der grauenhaften, sinnlosen Zerstörung“...

 

Wieso war der Dr. Ing. und General der Artillerie nicht in der Lage, den Sinn und die Berechtigung dieses Bombenangriffs auf die Geburtsstätte von Teufelseiern zu erkennen?

 

Von Brauns Karriere im Dritten Reich war symptomatisch für den Lebensweg vieler Deutscher in dieser Zeit. Sie zeigt, wie man unversehens durch harmlos erscheinende Bindungen schließlich stufenweise vom absolut Bösen vereinnahmt werden kann. Von Brauns Wirken im Dritten Reich zeigt eine gewisse Parallelität zu Albert Speers Weg. Jener sah seine harmlose, bis ins Gigantische reichende Baulust durch den Diktator gefördert und ermöglicht. Dann, weltanschaulich, politisch verblendet, wurde er Rüstungsminister. Auch darin bestand noch keine eindeutige Schuld. Aber dann verstrickte er sich bei zunehmender Totalisierung und Enthemmung der Kriegshandlungen in die brutale Ausbeutung der Zwangsarbeiter. A. Speer wurde als einziger Angeklagter im Nürnberger Hauptprozess, man kann fast sagen als Kronzeuge, mit 20 Jahren Festungshaft relativ milde verurteilt.

 

Von Braun und seine Mitarbeiter wären wie Speer vor Gericht gestellt worden, hätte die Aktion „Paperclip“ sie nicht nach Amerika katapultiert.

 

Durch Schuldzuweisung an Einzelpersonen löst man keine Menschheitsprobleme. Alle Menschen sind genetisch gleich und handeln sehr stereotyp, wie auf Schienen des Selbsterhaltungs- und Fortpflanzungstriebes laufend, auch wenn Intelligenzgrad und Charakter gewisse individuelle Unterschiede bedingen.

Man muss mit Ockhams Messer* die psychologischen Hintergründe freilegen.

 

 

Zu 5. : Die Rakete heute als Waffe und Forschungsgegenstand

 

Die Frage, ob ein Wissenschaftler alles erforschen darf, bei Gefahr, dass seine Entdeckung für Kriegszwecke genutzt werden können, wird speziell am Raketenbau und an der Kernwaffenforschung fest gemacht. Dabei sind Sprengstoff-, Giftgas-, Fahrzeug-, Flugzeug- und Funkwellenforschung ebenso kriegswichtig.

 

Was von Menschen gedacht werden kann, wird gedacht. Denken lässt sich nicht verbieten (Die Gedanken sind frei). – Was von Menschen gebaut werden kann, wird gebaut. – Fast alles, was gebaut wird, wird von der Regierung, vom Militär, auch als Waffe eingesetzt, ohne das ein Erfinder oder Konstrukteur es verhindern kann.

 

Kriegerischer Einsatz einer Erfindung kann vom Erfinder verhindert werden. Dieser Einsatz wird von der vom Volk freiwillig gewählten oder unter Zwang ertragenen Regierung entschieden.

 

Die Frage der Kriegsursache ist eine politische, psychologische, keine technische.

 

Trotz Verfemung der deutschen Raketentechniker wurden, wegen fortbestehender Kriegsgefahr (Ost-West-Konflikt), weltweit weiter Raketen gebaut, sogar unter Dienstverpflichtung jener gescholtenen Deutschen.

 

Die Darstellung der Raketenentwicklung in den 30er und 40er Jahren wegen moralischer Unzulänglichkeit der Beteiligten zu tabuisieren, ist ein unsinniger Verdrängungsprozess. Moral lässt sich nicht dadurch fördern, dass man eine historische Darstellung zensiert oder karikiert.

 

Man sollte Raketentechnik wertfrei sehen. Ein U-Boot muss kein Torpedo tragen, ein Flugzeug keine Bomben und eine Rakete keinen Sprengstoff.“

 

Verfasser: Dr. Reinhard Dicke

 

Erläuterung:

*Ockhams Razor – Es handelt sich um “Occam’s Razor”, das von dem aus England     stammenden Franzsiskaner und Philosophen Wilhelm von Ockham aufgestellte „Rasiermesserprinzip“. Man kann die Regel in einen Satz pressen: „Von allen Erklärungen, die in einem bestimmten Falle denkbar sind, ist die einfachste immer die richtige.“

 

 

Vereinsmitglieder berichten

 

 

Frau Maria Klar hat an die Redaktion des Infoblattes einen Brief geschrieben, in dem sie die im Infoblatt geschilderten Ereignisse vor 60 Jahren wunderbar ergänzt. Zu der Rubrik „Geschichte und Gegenwart“ schrieb sie:

 

„Anfang Februar 1945 begannen die Verlagerungen der Abteilungen von Peenemünde in den Nordharz! Ich selbst gehörte zu dem Transport im fast letzten Sonderzug, der die Insel am 26. Februar 1945 verließ. (Am selben Tag fiel auch mein Heimatstädtchen Bublitz/Ostpommern in russische Hände.)

 

Die Projektabteilung, in der ich tätig war (und auch andere Gruppen), hat noch ca. 5 Wochen in Weißenborn-Lüderode (Bleicherode) gearbeitet.

 

Völlig überraschend, jedenfalls für mich, kam der Befehl Anfang April 1945 von SS-General Kammler, dass eine bestimmte Gruppe den Harz zu verlassen hat! (Nachzulesen in: „Der Schuss ins Weltall“ von Dr. W. Dornberger, Seite 291.

 

So wurden wir am 06.04.1945 nach Bayern mit einem Sonderzug verlagert. Der Transport mit ca. 450 Personen war, soweit ich mich erinnere, etwa 6 Tage und Nächte unterwegs. Wir hatten von „Nichts“ eine Ahnung.

 

Wir kamen zunächst nach Oberammergau und wurden dann vom 07.05. – 31.07.1945 im ehemaligen Divisionsstabsgebäude in Garmisch-Patenkirchen interniert!

 

Nach der Entlassung kamen die Herren nach Landshut, die Familien wurden dorthin geholt. (Mich nahm ein Kollege mit, weil meine Heimat von den Russen überrollt war.) Von dort sind die Herrschaften in die USA geholt worden.

 

Das war’s!

 

Herzliche Grüße

 

Maria Klar

Aus der Arbeit unserer Vereinsmitglieder „Fi 103 in Zempin“

 

Die in Peenemünde - Werk West befindlichen Erprobungs- und Abschussanlagen für die fliegende Bombe Fi 103 sind bekannt, vielfach abgebildet und, wenn auch beschränkt, zugänglich.

 

Reste der Abschussanlagen in Peenemünde- West (Nov.2004)


 

Damit aus der Fi 103 überhaupt die Waffe „V 1" werden konnte, brauchte man aber auch ausgebildetes Personal für die Handhabung und den Abschuss der neuen Waffe. Da man sich in den Peenemünder Einrichtungen auf die Erprobung neuer Waffen beschränkte, wählte man einen in der Nähe liegenden Ort für die Errichtung der notwendigen Ausbildungsstelle. Die Wahl fiel am 13.8.43 auf das etwa 15km entfernte ebenfalls auf der Insel Usedom liegende Fischerdorf Zempin. Ab dem 15.8.43 begann das Flak- Regiment 155(W) Zempin das Kriegstagebuch zu führen. Zu den ersten Eintragungen im KTB gehört übrigens am 18.8.43 1.00-2.30 Uhr der verheerende Bombenangriff auf Peenemünde- Ost, Karlshagen und Trassenheide. In Zempin begann eine rege Bautätigkeit. Es wurden zwei komplette Feldstellungen mit allen notwendigen Bodenanlagen errichtet. Diese entsprachen nahezu den an der französischen Kanalküste aufgestellten Anlagen. Mit dem Bau einer dritten. Feldstellung wurde begonnen. Außerdem wurden Straßen, Unterkünfte und weitere Bauwerke errichtet. Bereits am 10.10.43 konnte die erste flugfähige Fi 103 abgeschossen werden.

 

Das weitere Geschehen um die „V 1" ist bekannt und soll hier übergangen werden.

Schleuderanfang kurz vor der Beseitigung (1997)

 


Was wurde aber aus den Zempiner Anlagen? Kurz gesagt, ihr Zustand und Erhaltungsgrad entspricht etwa Peenemünder Zuständen. Aber mit einigen entscheidenden Unterschieden.

 

Feldstellung 1 liegt auf dem Gelände des jetzigen Zempiner Zeltplatzes. Leider waren die letzten Fundamentreste der Walterschleuder und des Richthauses einer wirtschaftlichen Nutzung im Wege. Sie wurden im Jahre 1997 (!) zugunsten eines WC-Gebäudes und eines Wohnwagenstellplatzes beseitigt.
Feldstellung 2 blieb dieses Ende bis jetzt noch erspart. Mitten im Wald zwischen Zempin und Zinnowitz am Rad- und Wanderweg gelegen waren ihre Überreste bisher noch niemandem im Wege
. Nach der üblichen Sprengung, Verschrottung und Plünderung blieben die Fundamente,

Skala des Richthauses, heute nur noch Reste vorhanden (1997

Straßen und der Schleuderanfang erhalten. Es wurde sogar eine Hinweistafel am Weg aufgestellt. An dieser Anlage sind mit wachen Augen zahlreiche Details erkennbar.

Feldstellung 3 - die Unvollendete nahe Zinnowitz. Sie zeigt im Wesentlichen das bekannte Fundament mit dem einbetonierten Schleuderanfang. Einem Dornröschenschlaf ähnlich liegt sie ebenfalls am o. erwähnten Weg nahe Zinnowitz. Hier weist kein Hinweisschild den Weg. Der Autor dieser Zeilen hat sie vor Jahren von Erde und Bewuchs befreit und sorgt seitdem für freie Sicht auf die Reste dieser Anlage. Vielen Dank auch an meinen Vater, von ihm stammen auch die meisten Abbildungen.



Schleuderanfang, im Vorder-grund Schienen fürTransport- u. Kinderwagen

Die Feldstellung 3 mußten wir erst ausgraben

Abb. 7 Richthaus- Fundament

Der freigelegte Schleuderanfang und eine Schneise im Wald - aber keine weiteren Fundamente oder Straßen



 

Falls Sie mehr wissen wollen, mehr wissen oder im Wald nicht alles finden ...

hier meine Adresse: Sven Grempler, Strandstraße2,

                                 17459 Zempin


 

 

Der aktuelle Buchtipp

 

Unser Vorstandsmitglied, Sven Grempler, weist auf ein neues Buch über die V 1 hin.

 

V 1 – „Eifelschreck“

 

Von Wolfgang Gückelhorn und Detlef Paul

 

erschienen im Helios-Verlag 52039 Aachen PSF 390112

 

ISBN 3-933608-94-5             Preis: 32,50 EUR

 

22x28 cm, 206 Seiten mit Schutzumschlag

 

Internet: www.helios-verlag.de

 

Die Autoren haben ein interessantes neues Buch zum Thema V 1 auf dem Markt gebracht.

 

Akribisches Quellenstudium und zahlreiche selten gezeigte Abbildungen machen dieses Werk lesenswert.

 

Die technische Beschreibung der V 1, ihrer Bodenanlagen, der Verschuss  aus der Eifel, die Frühabstürze und die Wirkung in Antwerpen und Lüttich, sowie die alliierten Gegenmaß-nahmen werden umfassend dargestellt.. Sogar ein Teil mit Besichtigungsempfehlungen bereichert dieses Buch.

 

Mir wurde es von unserem Vereinsmitglied, Manfred Schulz, empfohlen – eine Empfehlung, die ich gern weitergebe.

 

Sven Grempler

 

 

œ Wir gedenken unserer verstorbenen Mitglieder

 

Dr.-Ing. Gerhard H. R. Reisig

 

* 03.März 1910 (Leipzig)          09. März 2005 (Huntsville)

 

Reinhold Krüger

 

* 18.Februar 1930          29.Mai 2005 (Koserow)

 

Sie nehmen in unserer Erinnerung einen festen Platz ein.

 




 

 

Der Vorstand des Vereins bedankt sich bei Karlshagener Schülern für gelungene Ausstellung


 

Karlshagener Schüler der Heinrich-Heine-Schule gestalten
Ausstellung im HTI

 

In der Ostseezeitung vom 7./8. Mai und am 09.Mai 2005 wurden die Leistungen Karlshagener Schüler gewürdigt, die eine Ausstellung zum 60. Jahrestag des Kriegsendes in unserer Region gestaltet haben.

 

Nicht nur Experten loben diese Ausstellung. Es zeigt sich, dass Besucher des HTI dieses Projekt in der 3. Ausstellungsetage des Kraftwerkes gut angenommen haben. Hier bleibt man stehen, weil diese Ausstellung informativ und interessant ist.

 

Der Vorstand des Fördervereins Peenemünde e. V. würdigt diese umfangreiche und richtig historisch bezogene Arbeit der Schüler mit einer Geldprämie. Wir würden uns freuen, wenn die Projektgruppe der Heinrich-Heine-Schule Karlshagen, unter Leitung der Lehrerin Regina Juretzko, weiter an der Peenemünder Geschichte dranbleibt.

 

Vielen Dank liebe Schüler, sagt euch im Namen aller Vereinsmitglieder des Fördervereins Peenemünde e. V.

 

Volkmar Schmidt, 1. Vorsitzender

 

Peenemünde im Spiegel der Presse

 

Ostseezeitung 07./08. Mai 2005

Nicht nur mittwochs im Museum


Bis wenige Stunden vor der Eröffnung wurde gearbeitet, um in Peenemünde eine ganz besondere Ausstellung vorzubereiten.

Karlshagen/Peenemünde
Nicht nur an den obligatorischen Mittwochnachmittagen waren die zehn Schüler aus der Heinrich-Heine-Schule Karlshagen in den letzten Wochen im Museum Peenemünde anzutreffen. Was eindrucksvoll zeigte, dass für die Mädchen und Jungen um ihre Geschichtslehrerin Regina Juretzko die Gestaltung ihrer Ausstellung längst zu einer Sache geworden war, die weit über das Wahlpflichtfach hinaus gewachsen war.

In den vergangenen Tagen standen, nachdem die inhaltlichen Aufgaben bewältigt waren, vorwiegend technische Arbeiten auf dem Programm, die mit nicht weniger Bravour und Können bewältigt wurden, wobei die Museumsmitarbeiter den jungen Leuten als Partner zur Seite standen. Und zunehmend konnten sie sich in die Rolle der Zuschauenden zurückziehen.

 

 

Assistiert von Museumspädagogin Ute Ausgustat arbeiten hier Daniel Ehlert (l.) undRoy Erler an der Gestaltung der Ausstellungsexponate. Sie und die anderen Schüler der Projektgruppe waren in den vergangenen Woche nicht nur an den obligatorischen Mittwochnachmittagen in den Museumswerkstätten

Foto: D. Butenschön

Auch Stephan Buchholz ist hier mit Akrepie und Ausdauer bei der Sache, um Exponate zu gestalten

Foto: D. B.



Da wurden Ausstellungstafeln gestaltet, Schriften am Computer entworfen – selbst eigentlich nicht gerade viel geistigen Aufwand erfordernde Tätigkeiten ließen die Jugendlichen in keinster Weise in ihrem Elan erlahmen.

Und das Ergebnis kann sich ab morgen für die nächsten sieben Wochen in der dritten Ausstel-lungsetage des Museums Peenemünde sehen lassen: Auf 14 großen Tafeln werden die Schwer-punkte „Peenemünde von 1939 bis 1945“, „Das Kriegsende in Peenemünde und in unserer Region“, „Die Zwangsarbeiterlager in Peenemünde und ihre Auflösung 1945“, „Peenemünde nach dem 8. Mai 1945“ und „Das sind wir – das Denkmalaktiv und das museums-pädagogische Projekt“ präsentiert. Hinzu kommen zwei Power-Point-Präsentationen, mehrere Mappen mit in der OZ erschienenen Zeitzeugenberichten und schließlich drei mit der Videokamera aufgezeich-nete Zeitzeugenberichte. Ergänzt wird dieser Teil der Exposition mit von der Decke hängenden Textfahnen mit Informationen zur Kriegs- und Nachkriegszeit. Nicht zu vergessen die in einem Nachbarraum gezeigten Fotos eines namhaften sowjetischen Fotografen, auf denen dieser das Grauen des Krieges ohne das bei den Sowjets oft übliche Pathos festgehalten hat.

Die Peenemünder Museumspädagogin Ute Augustat, die gemeinsam mit Regina Juretzko das Projekt seit Januar begleitet hat, zeigt sich jetzt am Ende dieser Arbeitsphase besonders erfreut über die Fortsetzung: „Es ist schön, dass sich inzwischen mehrere Karlshagener Schüler bereit erklärt haben, andere Schüler durch die Ausstellung zu führen. Anschaulicher als sie kann das wohl niemand tun“, meint Ute Augustat.

DIETRICH BUTENSCHÖN


 

 

Ostseezeitung 09. Mai

Expertenlob für Arbeit junger Ausstellungsmacher


Peenemünde Es fehlte gestern nicht an Lob aus berufenem Munde, als sich die Teilnehmer an der zentralen Veranstaltung des Landes zum Internationalen Museumstag in der dritten Etage des Historisch-Technischen Informationszentrums Peenemünde einfanden. Vor allem die Ausstellung, die von den Schülern der Karlshagener Heinrich-Heine-Schule zum Kriegsende vor 60 Jahren in unserer Region gestaltet worden war, heimste viel Anerkennung ein.

Mit am schwersten wiegt wohl das Urteil von Dr. Wolf Karge, Vorsitzender des

Dr. Wolf Karge

Paul Lynch


 Museumsverbandes in Mecklenburg-Vorpommern. Der ausgewiesene Experte sagte gestern der OZ: „In dieser Dichte und Aussagekraft ist es das erste derartige Projekt eines Museums mit Schülern, das ich sehe. Die Exponate zeigen, dass die jungen Leute einerseits völlig unvoreingenommen an diese Aufgabe gegangen sind, sie aber auch mit Können und viel Emotionen gemeistert haben. Dabei haben sie eine Vergangenheit verarbeitet, die ja eigentlich nicht ihre, sondern die ihrer Großeltern ist.“

Karlshagens Schulleiterin Marlies Schönberg konnte und wollte den Stolz auf das, was einige ihrer Schüler geleistet haben, nicht verbergen. „Das ist natürlich nicht im Selbstlauf entstanden. Ich möchte in meinen Dank an die Mädchen und Jungen unbedingt auch die Geschichtslehrerin Regina Juretzko und die Peenemünder Museumspädagogin Ute Augustat einschließen. Sie haben in den Schülern Begeisterung für das komplizierte Thema geweckt, dafür gesorgt, dass der Funke ihres eigenen Engagements schnell übersprang.“

Und auch eine internationale Stimme mischt sich in den Chor der Gratulanten für das gelungene Gemeinschaftsprojekt der Karlshagener Schule und des Museums Peenemünde. Paul Lynch aus dem Londoner Vorort Chipswick, ebenfalls gestern von der OZ befragt, meint: „Ich bin tief beeindruckt von dem, was ich hier sehe. Ganz junge Leute haben die Wahrheit über die Vergangenheit ihres Volkes zusammengetragen und sie gekonnt der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Ihre Arbeit verdient großen Respekt und sie ist zugleich ein gutes Zeichen für die ausgezeichnete Atmosphäre, die an der Schule herrschen muss, an der sie lernen.

D. B.

 

 

Wir gratulieren unseren Vereinsmitgliedern
 zum Geburtstag 

 

 

 

 

 

 

 


Im April hatten Geburtstag

Madame Maria Bertram

Herr Klaus Felgentreu

Herr Rolf - Dieter Basler

Herr Jürgen Pein

Frau Oehmke Ursula

Herr Schleifenbaum Friedrich

 

 

 

 

 

 

 

 

Im Mai hatten Geburtstag

Im Juni haben Geburtstag

Herr Kurt Bornträger

Herr Dipl.-Ing. Heinz Bader

Herr Gerhard Brüning

Frau Doris Dornberger

Frau Ulrike Chust

Herr Bert Lichtnau

Herr Rolf Fitzner

Herr Dipl.-Ing. Max Mayer

Herr Sven Grempler

Herr Dieter Miedtank

Herr Hans Neuendorf

Herr Hartmut Stöckmann

Herr Ralf Rödel

Herr Gerhard Helm

Herr Wolfgang Vetter

Frau Maria Klar

 

Herr Rainer Koch

 

Herr Andre Kleinert

 

 

In eigener Sache

 

Die Bankverbindungen unseres Vereins
Beitragskonto: 384 000 487
Spendenkonto: 384 001 432
Für beide Konten:
Die Bankleitzahl: 150 505 00 Bank: Sparkasse Vorpommern

 

 


Impressum

Herausgeber: Verein zur ,,Förderung und Aufbau eines Historisch-Technischen Museums Peenemünde -Geburtsort der

                        Raumfahrt" e.V., Peenemünde

Anschrift: Förderverein Peenemünde e. V.     Am Maiglöckchenberg 21      17449 Karlshagen

Tel./Fax: 038371/25479  (mit Anrufbeantworter)

e-mail: fvpeenemuende@aol.com

Homepage: www.foerderverein-peenemuende.de

Gestaltung: Lutz Hübner und Klaus Felgentreu, Karlshagen

Layout und Druck: G. Helm, Norderstedt

 

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