Der Vorstand informiert

 

1. Wie der Ausgabe 01-2010 unseres Infoblattes zu entnehmen ist, hatte sich der Vorstand in einem Brief an den Kultusminister des Landes M-V gewandt. Uns ging und geht es um die weitere Zusammenarbeit mit dem Historisch-Technischem Museum (HTM), sowie um die zukünftige inhaltliche Gestaltung der Peenemünder Geschichte im HTM.

Historisch-Technischem Museum Peenemünde                           Bild L. Hübner

Am 15. Juni war es dann so weit. Der Beauftragte des Ministers, Herr Mothes, traf sich mit uns zu einem persönlichen Gespräch über unser Anliegen. Dabei waren, Herr Gericke, Geschäftsführer des HTM und die Mitglieder des Vorstandes die Herren Schmidt, Felgentreu, Hübner, Frenzel und Saathoff.

Das Gespräch fand einer offenen und sachlichen Atmosphäre statt. In nachfolgenden Punkten wurde Übereinstimmung erziel:

 

1.       Das Museumskonzept wird langfristig überarbeitet und der technischen Seite mehr Beachtung geschenkt. Das HTM wird dieses Feld stärker besetzen. Die Darstellung der Peenemünder Geschichte vor 1935 und nach 1945 soll stärker weiterentwickelt werden.

2.       Es besteht Übereinstimmung darin, dass unser Verein in die Erarbeitung des neuen Konzepts aktiv und auf der Grundlage unserer Vereinssatzung, in die praktische Arbeit des Museums einbezogen wird.

3.       Es wird ein Plan der Zusammenarbeit zwischen HTM und Verein erarbeitet.

 

2. In Auswertung des Gesprächs mit Herrn Mothes fand am 05. Juli eine Vorstandssitzung mit Herrn Gericke als Gast statt.

Hier wurde nochmals von Herrn Gericke bekräftigt, dass eine enge Zusammenarbeit mit unserem Verein erwünscht ist. Es wurde beschlossen, eine gemeinsame Vereinbarung über die weitere Zusammenarbeit mit dem HTM zu erarbeiten.

Zur Information: Der Entwurf einer Absichtserklärung für die zukünftige Zusammenarbeit wurde uns am 21. Juli vom HTM übergeben.

 

3. Wie bereits im letzten Infoblatt berichtet, haben Vorstandsmitglieder unseres Vereins an den Beratungen der Bürgerinitiative (BI) gegen den Deichrückbau teilgenommen. Als Gast hatte die BI den Umweltminister des Landes M-V, Herrn Backhaus, eingeladen.

Leider musste die BI feststellen: „Seitens der Befürworter und Initiatoren für den Deichrückbau ist nicht die geringste Bereitschaft zu echten Kompromissen zu erkennen.“ Darum hat der Vorstand der BI beschlossen alle weiteren Gespräche abzubrechen. In einer Presseerklärung vom 01.07.2010 hat die BI festgestellt:

„Im Laufe der Gespräche wurde versucht, der BI – halbherzig zurückgenommen – eine Verantwortung für eine mögliche Verzögerung des Riegeldeiches zuzusprechen, der als Lückenschluss für den Hochwasserschutz unter den Vorrangvorhaben des Küstenschutzes bis 2014 im aktuellen Regelwerk Küstenschutz aufgeführt ist und nachträglich mit dem Projekt Cämmerer See verknüpft wurde. Mit aller Deutlichkeit betont die BI, dass für eine mögliche Verzögerung die Initiatoren des Ausgleichflächenpools die Verantwortung tragen und nicht die BI selbst, denn dass das Verfahren nicht reibungslos verläuft, dürfte allen Beteiligten klar sein.

Darüber hinaus gab es Versuche, die BI für eine Informationstätigkeit gegenüber der Bevölkerung im Sinne des Projekts Cämmerer See zu gewinnen, gewissermaßen zu instrumentalisieren.

Zahlreiche Ungereimtheiten im Umfeld des Projektes sprechen für die Auffassung der BI, dass hier mit Macht ein Vorhaben gegen den geschlossenen Willen der Bevölkerung durchgesetzt werden soll.

Die Gemeindevertretung Peenemünde wurde seitens des Landes unverhüllt dazu gedrängt, nichts gegen den Deichrückbau zu unternehmen.

Der BI hat den Auftrag der Bevölkerung zu erfüllen, den Deichrückbau zu verhindern. Wir haben angesichts fehlender Kompromissbereitschaft in der Sache sowie Versuchen, uns im Interesse der Befürworter eines Deichrückbaus zu instrumentalisieren, keine andere Wahl gesehen, als die Gespräche abzubrechen und uns auf die Einwendungen im Planfeststellungsverfahren zu konzentrieren. Nur darin sehen wir jetzt eine Chance und werden mit guten Argumenten in das Verfahren gehen.“

(Auszug aus der Presseerklärung)

 

Der volle Wortlaut ist unter www.kein-deichrueckbau-usedom.de nachzulesen.

 

K. F.

     

 

Zum 115. Geburtstag von Prof. Dr.-Ing. e. h. Walter Dornberger

 

Prof. Dr.-Ing. e. h. Walter Dornberger

Bild :Archiv FVP

Am 06. September 1895 wurde Walter Dornberger in Gießen geboren. Er besuchte das dortige Realgymnasium. Nach dem Abitur trat er am 06. August 1914 als Fahnenjunker in das Fußartillerie-Regiment Nr. 3 in Mainz ein. Im Oktober 1918 gerät Leutnant Dornberger in französische Gefangenschaft, aus der er erst im März 1920 zurückkehrt. Walter Dornberger wird in die Reichswehr übernommen. Er fällt durch seine überdurchschnittliche technische Begabung auf und wird Ende der 20er Jahre auf Kosten der Reichswehr zu einem Maschinen-baustudium an der Technischen Hochschule Berlin-Charlottenburg abkommandiert. 1930 besteht er das Staatsexamen mit Auszeichnung. Der Leiter des Heereswaffenamtes, General Becker, holt Walter Dornberger in sein Amt und beauftragt ihn mit dem Aufbau der Raketenentwicklung. 1935 promoviert er mit einer raketentechnischen Dissertation (Beitrag zur Kreiselstabilisierung von Raketen). Da das Thema geheim ist, kann seine Arbeit nicht veröffentlicht werden. Walter Dornberger erhält aber den Titel eines „Dr.-Ing. e. h.“. Am 24.07.1935 wird er als Major zum Abteilungschef des Heereswaffenamtes berufen. Damit war er verantwortlich für die Entwicklung von Flüssigkeitsraketen. Ihm unterstand die Versuchsstelle Kummersdorf. Zu seinen engsten Mitarbeiter gehörte bereits der neunzehnjährige Wernher von Braun. Zwischen beiden beginnt eine dreizehnjährige fruchtbare Zusammenarbeit.

Am 01. Juni 1938 wird Walter Dornberger zum Oberstleutnant und am 01. August 1940 zum Oberst befördert. Da Kummersdorf für weitere Raketenversuche zu klein wurde, verlegte die Abteilung „Wa Prüf W“ des Heereswaffenamtes nach Peenemünde. Unter Leitung von Walter Dornberger wurde die Heeresversuchsanstalt Peenemünde aus dem Boden gestampft. Der stolzeste Tag seines Lebens war der erfolgreiche Start einer A 4 am 03.Oktober 1942 auf eine erreichte Höhe von fast 90 km. Es ist der Tag, „der ein neues Zeitalter der Raketenentwicklung einläutete“.

 Oberst Dornberger rückte am 01.06.1943 als Generalmajor mit 47 Jahren in die

 Generalität auf. Im September 1943 wird er zum „Beauftragten für besondere Versuche“ ernannt. Gleichzeitig konnte er den geistigen Wegbereiter der modernen Raketentechnik, Prof. Hermann Oberth, als Mitarbeiter in Peenemünde begrüßen. Am 29. Oktober 1944 wurde er, inzwischen Generalleutnant geworden, für seine Verdienste mit dem Ritterkreuz zum Kriegsverdienstkreuz mit Schwertern ausgezeichnet.

Start einer A-4 auf Prüfstand VI Peenemünde                         Bild :Archiv FVP

Am 02. Mai 1945 ging er zusammen mit Wernher von Braun in amerikanische Kriegsgefangenschaft. Nach einem Prozess gegen ihn, kam er in britische Gefangenschaft. Nach seiner Entlassung ging er in die USA. Hier beriet er die US Air Force in Fragen der Raketenentwicklung. Er wurde Vizepräsident der Firma Bell Aero Systems und Leiter der Forschungsabteilung bis zu seiner Pensionierung im Jahr 1970. Er arbeitete an Raketenprojekte, u. a. der X 15 und dem Raumtransporter mit.

1955 wurde er amerikanischer Staatsbürger.

Prof. Dr.-Ing. e. h. Walter Dornberger starb am 26. Juni 1980 während eines Deutschlandaufenthaltes.

Was zeichnete Walter Dornberger aus? Das war das Verhältnis zu seinen Mitarbeitern. Er setzte sich für sie ein und konnte so eine Mannschaft raumfahrtbegeisterter  Männer um sich sammeln, mit denen er in erstaunlich kurzer Zeit Erfolge errang, deren Bedeutung erst in späteren Jahren voll erkannt wurde. Walter Dornberger selbst schreibt rückblickend über seine Arbeit in Peenemünde: „Ein wohl in der Geschichte moderner Technik einmaliger Geist der Zusammengehörigkeit, ja des Fanatismus für die aufgegriffene Aufgabe, verband leitende Angestellte und Belegschaft. Kein Rückschlag konnte daran etwas ändern. Immer wieder wurde nach neuen Mitteln und Wegen gesucht, um der auftretenden unvermeidlichen Schwierigkeiten Herr zu werden. In Peenemünde wurde zum ersten Mal das wegweisende Muster eines modernen technischen „Teams“ verwirklicht, das zur Lösung der der Menschheit bevorstehenden großen Aufgaben im Weltraum eine so notwendige Voraussetzung ist“.

 

1984 wurde in der Nähe seiner Geburtsstadt Gießen die erste Stellung mit Flugabwehrraketen Patriot der US Army Europa nach Walter Dornberger benannt. Die US Army nutzte diese Stellung bis 1991.

1952 wurde sein Buch „V 2 – Der Schuss ins All“ veröffentlicht und 1981 seine Neuausgabe „Peenemünde – Die Geschichte der V – Waffen“.

 

K. F.

Peenemünde ab 1945

 

Das Anliegen unseres Vereins war und ist auch die Erforschung der Peenemünder Geschichte von 1945 bis zur Gegenwart. Bei der Erarbeitung dieses Artikels ist mir aufgefallen, dass über die Zeit von 1945 bis 1950 sehr wenig bekannt ist. Ich glaube daher, dass es an der Zeit ist, sich diesen Zeitabschnitt bei der Fortschreibung der Peenemünder Geschichte vorzunehmen. Ich möchte die Betrachtung in folgende Zeitabschnitte einteilen:

 

  1. Abschluss der Evakuierung Peenemündes bis März 1945.
  2. Besetzung und Nutzung durch die Rote Armee, Demontage und Zerstörung der Peenemünder Anlagen, Nutzung von Peenemünde-West durch die sowjetischen Luftstreitkräfte.
  3. Übernahme des Hafengeländes Peenemündes 1950 durch die Volkspolizei zu See, Gründung der 1. Flottille der Volksmarine der NVA.
  4. Übergabe des Flugplatzes 1960 an die Luftstreitkräfte der NVA und Verlegung des Flieger-Technischen Bataillons 9 und des Jagdgeschwaders 9 nach Peenemünde.
  5. Nutzung des Peenemünder Geländes, Hafen, Flugplatz und Kraftwerk nach 1989.

 

Zu 1. Peenemünde wird evakuiert

Start einer A-4       Bild: Archiv FVP

 Am 31. Januar 1945 kam der Befehl zur Evakuierung Peenemündes. Ein ganzes Werk, Maschinen, Berge von Akten, Tausende von Angestellten und ihre Familien mussten umgesiedelt werden. Der größte Teil wurde auf Lastwagen verladen, ein Zug stand zur Verfügung, sowie einige Schiffe und Lastkähne. Vielen ehemaligen Peenemündern ist diese Zeit in tiefer Erinnerung geblieben.

 

Am 14. Februar 1945 erfolgte der letzte Abschuss einer A 4 in Peenemünde.

Am 17. Februar 1945 begann der große Umzug in den Harz, nach Bleicherode und Richtung Schleswig-Holstein. Walter Dornberger bezog sein neues Hauptquartier in Bad Sachsa. Der Windkanal wurde in der neu gegründeten „Wasserbau-Versuchsanstalt Kochelsee“ erneut aufgebaut. Das Personal vom Prüfstand VII unter Dr. Debus verlagerte mit allen Mitteln, die für einen Raketenabschuss nötig waren, in die Gegend von Cuxhaven. Wernher von Braun verließ Peenemünde Anfang März 1945. Im April 1945 war der letzte Mitarbeiter von Peenemünde abgezogen.

Die Rote Armee erreichte am 04. Mai 1945 die Insel Usedom und besetzte kampflos Peenemünde.

 

Zu 2. Nutzung Peenemündes durch die sowjetischen Streitkräften und Demontage

Ruine des Sauerstoffwerkes    Foto: Archiv L. Hübner

Teile der Truppen der 2. Belorussischen Armee unter dem Befehl von Major Anatoli Wawilow waren die ersten, die Peenemünder Boden betraten. Sie fanden nur noch wenige Angehörige der Peenemünder Versuchsstelle vor.

In den ersten Wochen nach dem Sieg wurde Peenemünde Versuchsgelände für sowjetische Raketenspezialisten. So soll u. a. Sergej Koroljow, der sowjetische Raketenspezialist, hier gewesen sein. Aus noch vorhandenen Einzelteilen wurde eine A 4 zusammengebaut. Der Prüfstand IX wurde von den Spezialisten in den ursprünglichen Zustand versetzt und detailliert fotografiert und skizziert. Danach erfolgte bis 1948 der

systematische Abbau und Abtransport der noch verbliebenen Anlagen in die Sowjetunion. Eine Gruppe des Alliierten Kontrollrates, bestehend aus amerikanischen, englischen und französischen Offizieren besuchte im Frühjahr 1948 Peenemünde. Dieser Besuch beendete die Demontage. Der Befehl zur Sprengung der verbliebenen Anlagen der HVA wurde gegeben und akribisch ausgeführt. Leider wurden auch intakte Gebäude gesprengt wie Wohnhäuser und ein Hospital. Das ehemalige Sauerstoffwerk hielt jedoch den Sprengungen stand und ist heute eine denkmalgeschützte Ruine. Bis zum Sommer 1946 fuhr noch die moderne S-Bahn. Dann wurden sämtliche Stahlmasten, Oberleitungen und Maschinen als Reparationszahlung in die Sowjetunion transportiert. Herbert Lucht, unser ehemaliges Vorstandsmitglied nahm 1946 seine Arbeit in der Arbeitsgemeinschaft (AG) Peenemünde als Schlosser und Dreher auf. Er schreibt in seine Erinnerungen (Auszüge):

Werkbahn Peenemünde     Foto Archiv B.Stüwe

 „In dieser AG wurden Artikel für Haushalt und Gewerbe hergestellt. Kochtöpfe, Wassereimer, aber auch Geräte für die Küstenfischerei, sowie Reparaturen an Fahrzeugen gehörten zu unserem Fertigungsprogramm. Das Gebäude der HVP stand unter Aufsicht der Roten Armee und unserer AG. Viele Aufträge hatten wir für die Besatzungsmacht zu erbringen. Unter Leitung eines sowjetischen Hauptmanns Saizew und eines Majors Palekin mussten deutsche Arbeiter alle Raketenteile, die im Gelände verstreut herumlagen, einsammeln und auf einem freien Platz vor dem Hauptmagazin transportieren. Dort wurden sie zu einem A 4 zusammengebaut. Beide Offiziere beherrschten perfekt die deutsche Sprache. Nach der Montage erschien eines Tages eine Kommission von Ing.-Offizieren. Sie waren mit Skizzenblöcken, Fotoapparaten und weiteren technischen Hilfsgeräten ausgerüstet, um alle Baugruppen der Rakete bis ins Detail aufzunehmen.

In den ersten Monaten fuhr noch die moderne Werkbahn von Zinnowitz nach Peenemünde. Sie wurde erst im Sommer 1946 außer Dienst gestellt, weil mit dem Abriss der Oberleitungen begonnen wurde. Danach wurden die Stahlmasten entfernt. Alle Teile wurden gleich abtransportiert. Nunmehr wurde der Bahnbetrieb mit Dampfloks und altertümlichen Personenwagen bestritten. Im Juni 1946 wurden alle noch vorhandene ehemaligen Kollegen der Versuchsstelle zusammengeholt und vor der Werkstatt EW zum Prüfstand IX beordert. Wir sollten den stark beschädigten Prüfstand IX wieder in den Urzustand herrichten. Auf dem Prüfstand begann nun eine rege Tätigkeit. Ein Konstruktionsbüro wurde eingerichtet. Deutsche Ingenieure und russische Ing.-Offiziere, unterstützt von vielen technischen Zeichnern, fertigten technische Zeichnungen an. Der Prüfstand wurde von allen Seiten zu Papier gebracht und aus allen Stellungen fotografiert.

Baracken des VKN Lagers          Foto Archiv FVP

 Ende August erschienen Vertreter vom „Internationalen Kontrollrat“, um die Durchführungsbestimmungen des Potsdamer Abkommens zu prüfen. Amerikanische, englische und französische Offiziere schwärmten durch das Gelände und nahmen alle Anlagen in Augenschein.

Im Sommer 1947 wurde unsere Werkstatt vom Prüfstand IX nach Karlshagen verlegt. Hinter dem

 Wirtschaftsgebäude des VKN-Lagers, in die Garagen und Kfz-Werkstätten zogen wir ein. Auf dem Gelände liefen die Demontagen auf vollen Touren. Die Hallen wurden total ausgeräumt. Sämtliche Rohrleitungen und E-Kabel wurden ausgebuddelt. Waren die Hallen ausgeräumt, wurden die Krananlagen, einschließlich Hallenträger demontiert. Ende 1947 ist es mir gelungen eine andere Arbeit zu finden. Nachdem dieses Kommando in Peenemünde alle Gebäude und Anlagen, vorwiegend im Werk Ost und Süd gründlich zerstört hatte, zog es ab. Auf dem Gelände von Peenemünde – West wurde ein russisches Marineflieger – Geschwader stationiert. Dieses Geschwader verblieb bis etwa 1959/60 dort“.

Im Oktober 1945 begann die Demontage der Kraftwerkseinrichtung. Wegen der kritischen Energielage wurde auf  Beschluss der sowjetischen Kommandantur nur die Hälfte demontiert. Mit einer Maschine und zwei Kesseln wurde ab Februar 1946 die Stromversorgung fortgesetzt. Mit Beginn der 50er Jahre bis 1954 wurde das Kraftwerk erheblich erweitert. Erst am 01. April 1990 stellte es die Energieversorgung ein. Gegenwärtig dokumentiert eine interessante Foto- und Dokumentenausstellung im HTM den Aufbau des Kraftwerkes. Das Kraftwerk Peenemünde ist das größte technische Denkmal des Landes M-V.

Zu 3. Übernahme des Hafens (Peenemünde im Wandel der Zeit, Axel Dietrich, 2007)

Den Hafen übernahm im Herbst 1950 die Seepolizei. 1951 begannen Bauarbeiten für den Aufbau einer

Blick auf Peenemünder Hafen. Im Vordergrund das Museeumschiff

Das Raketenschiff "TARANTUL 1"575 "HANS BEIMLER“

Foto: L. Hübner

Flottenbasis Ost. Die Hafenanlagen wurden ausgebessert, feste Unterkünfte und weitere zusätzliche Gebäude wurden errichtet. Im Zuge des Aufbaus der NVA löste man 1956 die Flottenbasis Ost auf und gründete den ersten operativen Verband, die 1. Flottille. Dieser Verband wurde am 01. Dezember 1956 in die NVA integriert. Am 04. November 1960 wurde den Seestreitkräften der Name „Volksmarine“ verliehen. Der 1. Flottille in Peenemünde waren 12 Minen- und Räumschiffe, 12 Landungsschiffe, 8 Küstenschutzschiffe, mehrere Versorger, Tanker und Schlepper unterstellt. Der größte Teil der Schiffe, die ab 03. Oktober 1990 der Bundesmarine unterstanden, wurden bis Dezember 1990 außer Dienst gestellt. Am 16. Oktober 1990 lief erstmalig ein Verband der „alten“ Bundesmarine im Marinehafen Peenemünde ein.

Am 21. März 1996 wurde in Peenemünde letztmalig die Dienstflagge der Volksmarine niedergeholt.

 

 

Zu 4. Übernahme des Flugplatzes durch ein sowjetisches Jagdfliegergeschwader

Auf dem Flugplatz Peenemünde-West war von 1948 bis 1958 ein sowjetisches Jagdfliegergeschwader

MiG-23 auf dem Flugplatz in Peenemünde   Bild:Archiv FVP

 stationiert. Auch hier wurden vorher die Anlagen des Flugplatzes demontiert und die Gebäude gesprengt. Verschiedene Flugzeugtypen waren in dieser Zeit stationiert. So z. B. Jak 9, MiG 15 bis 1951 und MiG 17 F /PF ab 1956, sogar MiG 19 ab 1956. Für die Gefechtsausbildung der sowjetischen Flieger wurde die vorhandene Start- und Landebahn genutzt. 1958 verlegten die sowjetischen Fliegerkräfte. 1958/59 wurde eine neue Start- und Landebahn gebaut. Im Rahmen dieser Baumaßnahmen beseitigte man die Reste der noch übrig gebliebenen Gebäude von Peenemünde-West.

Im März 1961 verlegte das erste Vorauskommando des Fliegertechnischen Bataillons 9 zum Flugplatz. Am 16. Mai 1961 erfolgte dann die offizielle Verlegung des Fliegergeschwaders 9 von Drewitz nach Peenemünde. Bis 1989 wurden hier die Die Flugzeugtypen MiG 15 UTI, MiG 17 F und PF, alle Varianten der MiG 21 sowie die MiG 23 geflogen. Später kamen die Typen IL 28 und L 39 der Zieldarstellungskette 33 dazu. Mehrfach wurde der Flugplatz im Laufe der Jahre modernisiert. Am 26. September 1990 fand der letzte Flugdienst des JG 9 in Peenemünde statt. Am 03. Oktober 1990 hört das JG 9 auf zu existieren.

1989-Am Kontrollpunkt zum Sperrgebiet Peenemünde

Bild: Archiv FVP

Zu 5. Peenemünde nach 1989

Am 02. Dezember 1989 war das Sperrgebiet Peenemünde nach 50 Jahren wieder für jedermann zugänglich.

Die Entwicklung Peenemündes nach 1989 war und ist ein komplexer Prozess. Von 1936 bis 1945 existierte das Dorf nicht mehr – seine Bewohner wurden ausgesiedelt. Nach 1945 wurden das Ortsbild und die Einwohnerstruktur durch das Kraftwerk und den Marinestützpunkt geprägt. Heute gibt es viele leer stehende Gebäude, die zu Ruinen verkommen sind. Dafür hat Peenemünde die größte Museumsdichte des Landes pro Einwohner in M-V. Haupanziehungspunkt für Besucher sind das HTM und der Hafen mit

Abgasschurre P VII heute         Foto: Archiv FVP

U-Boot. Der Flugplatz ist privatisiert und wurde Verkehrslandeplatz. Rundflüge über Usedom können von hier aus gestartet werden. Die Reste des Prüfstandes VII liegen in einem munitionsverseuchtem Gebiet und sind der Öffentlichkeit nicht zugängig. Die Ruine des Sauerstoffwerkes hat das Interesse für ein Museum geweckt. Sollte der Deichrückbau Cämmerer See Wirklichkeit werden, dann hat das sicher auch Auswirkungen auf die Denkmallandschaft Peenemünde.

 

Wenn man nun abschließend die von mir genannten Abschnitte zusammennimmt, wird jedem klar, dass es für die Erforschung und Dokumentation der Ereignisse nach 1945 bis zur Gegenwart noch viel zu tun gibt.

 

K.F.

 

 

 

Visionäre in Peenemünde – Wege in die Zukunft?

 

Das Team um Wernher von Braun hat sich, außer mit der Entwicklung der A 4, in geheimer Arbeit auch mit anderen Projekten befasst. Sie dachten über die A 4 hinaus, als sie den Prüfstand VII in Peenemünde bauten. Während die A 4 einen Standschub von 25 t entwickelte, war P VII für Standläufe mit einem Schub von 100 t und mehr ausgelegt. Noch bevor die A 4 überhaupt abhob, plante diese „geheime“ Projektgruppe bereits jene Raumschiffe, von denen Wernher von Braun träumte.

Die A 9 sollte ein Flügelgleiter sein – der nächste Schritt zum bemannten Raumflug.

Marsha Freemann schrieb dazu in ihrem Buch „Hin zu neuen Welten“: „Tests im Windkanal von Dr. Hermann hatten 1940 gezeigt, dass sich die Reichweite der A 4 dadurch verdoppeln ließ, wenn man sie mit Flügeln ausrüstete. Die A 4b, eine A 4 mit Flügeln, wurde als Zwischenschritt zur transatlantischen A 9 entwickelt und auch getestet. Der A 9-Gleiter war nicht als militärische Waffe geplant worden, auch wenn behauptet wurde, damit New York bombardieren zu wollen. Die doppelte Reichweite der A 4 erreichte die A 9 dadurch, dass sie nach Brennschluss bis zur Landung nur noch mit Unterschallgeschwindigkeit weiterflog…

A-4b

A-4b

In einige Zeichnungen der A 9 ist an der Stelle des Sprengkopfes eine Druckkabine für eine Besatzung vorgesehen. Es gab auch ein dreirädriges Fahrwerk. Mit einer A 9 hätte ein Pilot in 17 Minuten über 500 km zurücklegen können. Sie wäre wie die A 4 senkrecht gestartet, aber im Gleitflug auf einer mittelgroßen Landebahn gelandet. Als nächsten Schritt sah die Projektgruppe vor, die geflügelte A 9 mit einem neuen, viel größeren Antriebaggregat der A 10, zu verbinden. Diese Rakete hätte einen Schub von 200 000 kg, das zehnfache der A 4 besessen. Nach von Brauns Plänen folgte dann die A 11 als Starttriebwerk einer dreistufigen Kombination. Diese Rakete aus A 11, A 10 und A 9 würde die Umlaufbahn um die Erde erreichen können, und der Mensch hätte zum ersten Mal die Möglichkeit, im Weltraum zu leben und zu arbeiten“.

Gleiche Visionen beschrieb Stuhlinger in seiner Biographie über Wernher von Braun. Er machte noch mal deutlich, dass sich ihre Untersuchungen nur auf die Raumfahrt bezogen und nicht auf Waffen. Ihre Untersuchungen beschäftigten sich mit aerodynamischen Aspekten.

Stuhlinger schrieb 1992: „Wir versuchten weit in die Zukunft zu sehen, und erklärten 1944, dass Mehrstufenraketen die Einrichtung von Raumstationen in der Erdumlaufbahn erlauben würden und dass aus dem All zurückkehrende Gleitraketen in der Lage sein würden, ihre kinetische Energie über eine lange Flugstrecke zu reduzieren und daher sicher auf der Erde zu landen“.

Aus heutiger Sicht können wir feststellen, diese Visionen sind Wirklichkeit geworden.  Ein Traum dieser Visionäre ist bisher aber noch nicht erfüllt. Der Flug von Menschen zum Mars!

 

K. F.

Pressespiegel

 

Ostseezeitung 29.06.2010

Satellitenbilder vom „Raumschiff“ Erde

 

Die neue Ausstellung im Peenemünder Museum zeigt faszinierende Aufnahmen von der Erde. Dazu gibt es Angebote für Schüler.

 

Peenemünde (OZ) - Ein Piepsen ging um die Welt: Im Oktober 1957 empfing die Volkssternwarte Bochum Signale von Sputnik 1 — dem ersten künstlichen Erdsatelliten im Weltall. Seitdem hat sich die Einrichtung zum Weltraumnachrichtenplatz in Westdeutschland entwickelt. Im vergangenen Jahr gastierte das Institut für Umwelt- und Zukunftsforschung/Sternwarte Bochum bereits mit der Sputnik-Ausstellung in Peenemünde.

Jetzt sind die Bochumer um Direktor Dr. Thilo Elsner wieder im Inselnorden: Diesmal präsentieren die Forscher des Systems Erde im Historisch-Technischen Museum (HTM) Peenemünde die Ausstellung „Mit Bildern aus dem All — der Klimawende auf der Spur“. Sie zeigen eine beeindruckende Satellitenbildauswahl sowie spektakuläre Live-Satellitenbilder vom „Raumschiff Erde“. „Ein Raumschiff mit sechs Milliarden Mitfliegern“, sagt Elsner.

Bis zum 18. Juli zeigen die Aussteller nicht nur Aufnahmen unseres Heimatplaneten, sondern auch Live-Bilder des europäischen Umweltforschungssatelliten Meteosat, der 36 000 Kilometer über Afrika schwebt. „Schritt für Schritt sollen die Besucher den Geheimnissen, aber auch den Gefährdungen unseres Planeten, wie dem Klimawandel, auf die Spur kommen“, macht Elsner auf die gestern eröffnete Exposition neugierig. Da die erste Satellitentechnik für Raumfahrtbilder von der V2-Technik stammt, sieht der Direktor der Sternwarte einen direkten Bezug zu Peenemünde.

Der Bauwagen ist eine „Raumfahrt-zentrale zur Erdbeobach-tung“.                        Foto: L. Hübner

Begleitet wird die Schau von pädagogischen Angeboten, die vorrangig Schülern den Planeten näher bringen sollen. Der himmelblaue Bauwagen vor dem Kraftwerk wurde zu einem „Rollenden Labor der kleinen Forscher“ umgebaut. Dort können sich die Kinder auf eine Entdeckungsreise durch Raum und Zeit bewegen. „Mit kleinen Experimenten machen wir alles anschaulicher“, betont Elsner. Sein Favorit ist ein Wurfgerät, mit dem Raketenantrieb und Abschuss-Winkel demonstriert werden können. „Wir zeigen auch, wie man beispielsweise aus einer Filmdose und etwas Backpulver eine Rakete baut.“ Im Rahmen einer Spielgeschichte werden Kinder an der Seite des Inspektors M. Theo Sat zu kleinen Umweltdetektiven. Sie erfahren, wie Satelliten aus dem All die Erde erforschen oder bekommen Antworten auf Fragen, wie z. B.: Warum wird es Tag und Nacht? oder Was ist der Treibhauseffekt?

 

Ostsee-Zeitung 13.06.10

 

Kraftwerk soll Besucherplattform bekommen

Peenemünde - Bildungsminister Henry Tesch (CDU) und Wirtschaftsminister Jürgen Seidel (CDU) besuchten gestern das Historisch-Technische Museum Peenemünde, um sich vor Ort über künftige Vorhaben zu beraten. „Das Museum ist ein Lernort an der Schnittstelle von Geschichte, Ethik und Natur“, sagte Tesch. Künftig soll neben dem musealen Bereich die so genannte Denkmallandschaft „stärker akzentuiert werden“. Auf dem 25 Quadratkilometer großen Areal der ehemaligen Versuchsanstalt soll der rund 24 Kilometer lange historische Lehrpfad um zusätzliche Stationen erweitert werden.

Um die Attraktivität des Museums weiter zu erhöhen, soll auf dem 30 Meter hohen Dach des Kraftwerks eine Besucherplattform entstehen. „Unsere Idee ist im Inneren des Kraftwerks ein gläserner Fahrstuhl. Wir sind heute auch deshalb hier, um die Finanzierung zu klären“, informierte gestern Tesch. „Ferner planen wir ein gläsernes Klassenzimmer, um die museumspädagogische Arbeit auf der Grundlage unseres Leitbildes zu profilieren.“ Des Weiteren ging es bei dem Treffen der Minister mit HTM-Chef Michael Gericke und Museumsleiter Christian Mühldorfer-Vogt um die geplante Sanierung der Kranbahn und des Kraftwerks sowie der technischen Anlagen (Bekohlungsanlage, Schrägaufzug). Parallel zu dieser Maßnahme soll am 16. Juli die Ausstellung „Gebaut für die Ewigkeit …“ eröffnet werden. H. NITZSCHE

Peenemünde (dpa/OZ) - Die Baugeschichte der Heeresversuchsanstalt Peenemünde ist um wichtige Originaldokumente reicher. Das Museum bekam von Nachfahren des ehemaligen Baustellenleiters Josef Greiner ein Album mit 200 Fotos sowie Bauberichte geschenkt.

„Die Dokumente haben für uns einen nicht zu bemessenden Wert“, sagte Museumschef Christian Mühldorfer-Vogt. Sie gäben einen neuen Einblick in die Umstände, unter denen die Raketen-Forschungsanstalt auf Usedom errichtet wurde.

Zudem dokumentierten sie, dass das NS-Regime beim Bau auf Zwangsarbeiter angewiesen war. Erstmals werden ein Teil der Fotos, die der Sohn 2009 übergab, als großformatige Abzüge gezeigt.

In der Heeresversuchsanstalt wurde unter anderem die „V2“ als bekannte erste Großrakete der Welt sowie der Marschflugkörper „V1“ entwickelt. Bei der Fertigung der sogenannten Wunderwaffen starben tausende Zwangsarbeiter; ihrem Einsatz fielen vor allem Zivilisten in Großbritannien, Belgien und Frankreich.

H. Nitschke

 

 

Ostsee-Zeitung  13.07.2010

 

Die Raketenschmiede aus dem Sumpf

Von MARTINA RATHKE

 

In Peenemünde auf Usedom ließ Hitlerunter strengster Geheimhaltung Raketen mit großer Reichweite entwickeln.

Jetzt tauchten Fotos auf, die Baugeschichte des seinerzeit weltweit größten militärischen Forschungszentrums dokumentieren.

 

Peenemünde (dpa) Dass das beschauliche Peenemünde mit einem der größten und zweifelhaftesten Bauprojekte der Nationalsozialisten geschlagen werden sollte, „verdankt“ der Ort einem Zufall: Im Dezember 1935 schaute sich der Physiker Wernher von Braun zwischen Prora und Binz auf Rügen nach einem geeigneten Bauplatz für die Raketenversuchsanstalt um. Doch er kommt zu spät: Die NS-Organisation  „Kraft durch Freude“ hatte sich kurz zuvor das Gelände einverleibt, um dort ihr „Seebad der 20 000“ aus dem sandigen Boden zu stampfen. Den Raketenforschern, deren Erfolge bei den neuen Herrschern Begehrlichkeiten nach einer militärischen Nutzung weckten, stand inzwischen ein Millionen-Etat zur Verfügung. Zügig musste ein Alternativplatz für die geheim geplante Anlage zur Entwicklung der V2-Raketen gefunden werden. Von Braun entdeckte ihn Anfang 1936 im Norden Usedoms. Neben der Abgeschiedenheit sprach das freie Schussfeld entlang der Pommerschen Küste für das Gebiet. Doch was die Bauherren nicht ahnten, mit Peenemünde begaben sie sich auf wahrhaft morastiges Terrain, wie neue Bilddokumente des Historisch-Technischen Museums Peenemünde nun zeigen. Vom Sohn des einstigen Baustellenleiters Josef Greiner hat das Museum ein einzigartiges Fotoalbum mit 200 Originalbildern erhalten, von denen erstmals ab Freitag einige als Großformate in der Ausstellung „Gebaut für die Ewigkeit...?“ im Außengelände der Anlage gezeigt werden.  Die Ausstellung begleitet zugleich die 3,9 Millionen Euro teuren Sanierungsarbeiten an den denkmalgeschützten Bauten der einstigen Heeresversuchsanstalt. Das Geld für die Restaurierung von Kranbahn, Kraftwerk und Siebhaus zur Wasseraufbereitung stammt aus dem Konjunkturpaket. Greiner, von 1936 bis1942 Baustellenleiter in Peenemünde, dokumentiert indem Album akribisch genau die Baugeschichte der gigantischen Anlage. „Die Dokumente haben für uns einen nicht zu bemessenden Wert“, sagte Museumsdirektor Christian Mühldorfer-Vogt. Neben dem beigefarbenen Album umfasst das Konvolut auch eine Kommentarliste sowie zwei Bauberichte. Die Unterlagen geben einen plastischen Einblick in die Umstände, unter denen der Bau errichtet wurde. „Blickrichtung SW nach NO über das Gelände des südl. Kraftwerks. Im Vordergrund eine Spülleitung. Dahinter versumpftes Gelände. Im Mittelgrund überflutetes und vereistes Gelände. Im Hintergrund Häuser, die später abgerissen wurden“, notiert Greiner in der Kommentarliste. Rund 90 Prozent des Dorfes mit seinen reetgedeckten Fischerhäusern wurden für die Heeresversuchsanstalt plattgemacht– dem seinerzeit weltweitgrößten militärischen Forschungszentrum. Fotos dokumentieren, wie15 Meter lange Betonpfähle massenweise in den mit Sand aufgeschütteten Boden des rund 20 Quadratkilometergroßen Areals gerammt werden, um den Baugrund für das Kraftwerk und andere Megabauten standsicher zu machen. Greiner berichtet von einer Pfahlfabrik auf der Großbaustelle, in der 2195 Pfähle gegossen wurden. Wo die genau stand, ist bis heute unklar. Den Nationalsozialisten war offenbar nichts zu teuer, um mit der Raketenschmiede ihre Fantasien von einer Weltraumwaffe in die Tat umzusetzen. Das Kraftwerk Peenemünde stehe für den damaligen Gigantismus des Nationalsozialismus, sagt Mühldorfer-Vogt. Ohne Zwangsarbeiter, da ist sich der Historikersicher, hätte das Megaprojekt gar nicht gebaut werden können.1941 werden rund 4400 Bauarbeiter gezählt. Darunter polnische und tschechische „Vertragsarbeiter“ – eine euphemistische Umschreibung für das Wort Zwangsarbeiter. Sie lebten in Gemeinschaftsunterkünften mit Ausgehbeschränkungen und militärischem Drill. „Das klingt nicht nach einem freivertraglichen Arbeitsverhältnis“, sagt der Historiker. In den zwei erhaltenen Bauberichten verzeichnet Greiner in Soll- und Ist-Tabellen den Bestand an Arbeitskräften. An unqualifizierten Arbeitern, die aus den inzwischen einverleibten Nachbarstaaten oder aus der Wehrmacht rekrutiert wurden, bestand zu keinem Zeitpunkt ein Mangel. Die Unterlagen Greiners haben für die Historiker einen unschätzbaren Wert. Unklar ist allerdings, warum der Baustellenleiter auf der Baustelle des Geheimprojektes fotografieren durfte und die Bilder sich bis zu seinem Tode in Privatbesitz befanden. „Das ist eine spannende Frage, die ich nicht beantworten kann“, sagt Mühldorfer-Vogt

 

Blick vom Kraftwerk in das Hafenbecken. Schrägaufzug von der Kranbahn ins Kraftwerk              Foto: Sammlung Greiner

 

Der Bauaufseher misst Pfahlenden.

Foto: Sammlung Greiner

 

 

Blick von Ost nach West zur Baustelle. In Richtung der Gebäude verlaufen die zwei Leitungen an der Betonpumpanlage.                           Foto: Sammlung Greiner

 

Maschinenhaus. Schalung der Grubenfundamente. Dahinter

Bohren der Turbinenpfähle. ImHintergrund eine Ramme und

der Hauptwasserturm.                        Foto: Sammlung Greiner

 

 

Kranbahnbau                                       Foto: Sammlung Greiner

Früher Bauabschnitt für die Kranbahn.

Foto: Sammlung Greiner

H. Nitschke

Ostsee-Zeitung 28.07.10

Beeindruckt von der Begegnung mit der Vergangenheit

 

Heute vor 20 Jahren begann mit der Gründung des„ Neuen Historischen Vereins Peenemünde in Vorpommern“ ein neues Kapitel der Aufarbeitung der Peenemünder Geschichte.

 

Peenemünde. Dem vorausgegangen war das Interesse einiger Angehöriger des ehemaligen Jagdfliegergeschwaders (JG) 9, hinter die Geheimnisse von Peenemünde zu kommen. Stolperten sie doch fast täglich jahrelang über Trümmer und Reste von Anlagen der Heeresversuchsanstalt Peenemünde und der Erprobungsstelle der Luftwaffe Peenemünde-West. Darum nahm der Gedanke immer mehr Gestalt an, interessierte Bürger des Kreises Wolgast für die Erforschung der Peenemünder Geschichte zu gewinnen. Eine Annonce in der Zeitung war schnell geschaltet. Das Echo übertraf alle Erwartungen. In der Kaserne des JG9 fand am 28. Juli 1990 die Gründungsversammlung des „Neuen Historischen Vereins“ statt. Es warenrund 15 Teilnehmer anwesend. Sie kamen aus Zinnowitz, Trassenheide, Koserow, Wolgast und Karlshagen. Nach Aufhebung des militärischen Sperrgebietes lud der Verein im Juli 1990 erstmals zur Besichtigung des Peenemünder Geländes ein. Das Interesse war groß. Es gab aber nur noch Fundamente, Betontrümmer, kaputte Straßen und Betonflächen, die teilweise zugewachsen waren. Erstes Ziel war natürlich der legendäre Prüfstand VII. Auch hier war alles zugewachsen. Vereinsmitgliederstanden nach fast 40 Jahren fasziniert an der Stelle, wo am3. Oktober 1942 der erste Schuss in den Weltraum mit einer A 4 gelang. Heute steht an dieser Stelle ein Gedenkstein. Die Begegnung mit der Vergangenheit hat damals alle tief beeindruckt. Dann begann eine Zeit des intensiven Suchens nach Überresten eben dieser Vergangenheit. Ein großer Helferdabei war Reinhold Krüger. Dass heute Teile der A 4 und der Fi103 im HTM zu sehen sind, verdanken wir ihm und der damaligen Gruppe von Mitgliedern unseres Vereins. Aber es wurden im Gelände nicht nur Teile gefunden. Bürger, die in Peenemünde gearbeitet hatten, haben dem Verein Dokumente überlassen. Aber, was sehr wichtig war, sie haben über ihre Tätigkeit in Peenemünde berichtet. Sie waren eine wichtige Quelle beim Erfassen der Ereignisse der Peenemünder Zeit von 1936 bis 1945.Weil die Funde, Unterlagen, Fotos, Filme, Sachzeugen und die gesammelten Kenntnisse der Peenemünder immer umfangreicher wurden, suchten die Mitglieder des Vereins nach Möglichkeiten der Ausstellung. Der Zufall half: Das Kraftwerk Peenemünde hatte1990 seinen Betrieb eingestellt. Der letzte Kraftwerksdirektor, Joachim Pahl, schlug die Bunkerwarte als kleines Museum vor. Ehemalige Peenemünder Kraftwerkerund ABM-Kräfte der Gemeindegingen nun daran, die Bunkerwarte dafür herzurichten. Gleichzeitig wurde von diesen Leuten ein Modell des Nordteils der Insel Usedom gebaut. Die Mitglieder des „Neuen Historischen Vereins“ beschlossen, einen gemeinsamen Verein zu gründen. Im Februar 1991 wurde der „Förderverein zum Aufbau eines Historisch-Technischen Museum Peenemünde– Geburtsort der Raumfahrt“ e. V. gegründet. Der „Neue Historische Verein Peenemünde in Vorpommern e. V.“ ging in diesen Verein auf. In dem neuen Verein fanden sich viele Freunde und Helfer zusammen, die nicht nur die Bunkerwarte zum Museum ausbauten, sondern ihr erstes großes Modell bauten – den Prüfstand VII, der heute noch im HTM zu sehen ist. Wir haben ebenfalls eine ganze Reihe von Projekten mit Hilfe von Spenden und Vereinsgeldern verwirklicht und unterstützt. Unser Verein zählt heute 86 Mitglieder Sie kommen aus ganz Deutschland, aus Österreich und Frankreich. Junge und ältere sind dabei. Mit der Umwandlung des einstigen HTI in eine gemeinnützige GmbH (HTM) ergeben sich für uns neue Aspekte unserer Arbeit. Erste Gespräche mit Jörn Mothes, dem Beauftragten des Landes M-V, und Michael Gericke, dem neuen Geschäftsführer des HTM, fanden bereits statt. Es besteht auf allen Seiten Übereinstimmung darin, dass das Konzept für das Museum neu definiert und überarbeitet werden muss. Uns kommt es in Zukunft darauf an, eine breit gefächerte Förderung der weiteren Erforschung der Peenemünder Geschichte zu unterstützen. Unser Ziel ist es, die wissenschaftlichen und technischen Leistungen der Peenemünder Ingenieure und Wissenschaftler sachlich darzustellen, sowie die Peenemünder Geschichtenach 1945 aufzuarbeiten.

Klaus Felgentreu, 2. Vorsitzender

des Fördervereins Peenemünde

 

1991: Vereinsmitglieder im Peenemünde Gelände – mit Hartmut Küchen,

ehemaliger Bauleiter Prüfstand VII (Dritter v.r.). Foto: Archiv FVP

 

 

 

Ostsee-Zeitung

Mothes: Baustein im Gesamtkonzept

 

Museumsleiter und Land haben gestern den von der Projektgruppe Technikmuseum befürchteten Abriss des Sauerstoffwerks dementiert.

 

Peenemünde (OZ) - Wird das Peenemünder Sauerstoffwerk durch die Gemeinde abgerissen, um sich möglicherweise einer Konkurrenz zu entledigen? Das spekulieren zumindest die Macher der Projektgruppe Technikmuseum Peenemünde, Matthias Brauer und Joachim Reuter. Wie Brauer in seiner Mitteilung schreibt, „hat die Landesregierung MV der Gemeinde Peenemünde nahegelegt, die Ruine des unter Denkmalschutz stehenden Sauerstoffwerkes abreißen zu lassen. Die Gemeinde scheint diesem Ansinnen folgen zu wollen.“ Brauer begründet seine Vermutung mit der Absicht der Projektgruppe Technikmuseum, die Ruine in der Hauptstraße zu erwerben, zu sanieren und darin ein technisches Museum zu errichten: „Das will die Landesregierung erklärtermaßen verhindern. Sie wünscht keine attraktive Konkurrenz zu ihrem eigenen, mit Millionen subventionierten Museum, dem HTM.“ Jörn Mothes vom Bildungsministerium dementierte dies gestern. Von einem geplanten Abriss des Sauerstoffwerkes wisse er nichts. „Die Ruine zählt zu den herausragendsten Denkmälern im Land. Als Denkmalpfleger würde ich dem gar nicht zustimmen“, sagt Mothes. Das das Sauerstoffwerk, das im Zweiten Weltkrieg zur Flüssigsauerstoffgewinnung für den Antrieb von V2-Raketen diente, ein wichtiger Baustein im Gesamtkonzept des Ortes sei, stehe außer Frage. „Aus baurechtlicher und finanzieller Sicht muss man aber sehen, was man damit macht“, so Mothes.

Laut Brauer habe der Eigentümer der Immobilie, ein Berliner Unternehmer, Verkaufsbereitschaft signalisiert. „Ich habe die mündliche Zusage, dass er veräußern will“, sagt Brauer, der ursprünglich in Peenemünde mit seiner Projektgruppe den Prüfstand VII nach historischen Vorlagen wieder aufbauen wollte. Das Vorhaben fand allerdings in der Gemeinde und beim Land keine Zustimmung.

Dass die Türen für die Technikbegeisterten beim Land dennoch nicht zu sind, betonte gestern Jörn Mothes. „Wir haben der Projektgruppe angeboten, sich am Gesamtkonzept Peenemünde zu beteiligen. Unser Ziel ist es, den ruinösen Charakter Peenemündes endlich zu überwinden. Unser Schwerpunkt ist die Entwicklung des touristischen Bereichs.“ Für Christian Mühldorfer-Vogt, Museumsleiter des Historisch-Technischen Museums Peenemünde, ist ein Abriss des Sauerstoffwerkes „undenkbar“. „Die Ruine steht unter Denkmalschutz. Das Land würde gegen sein eigenes Gesetz verstoßen.“ Das Sauerstoffwerk ist Bestandteil der Denkmal-Landschaft. In den 22 km langen Rundweg sind insgesamt 13 Stationen eingebunden.

HENRIK NITZSCHE

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Im Juli hatten Geburtstag

 

Frau Lucia Martha Mokelke Hagen; Herr Ulrich  Fügenschuh Aurich;

Herr Otto Lippert Homburg; Herr Karl-Peter Stracke Abendsberg;

Herr Rainer Höll Karlshagen; Herr Ferdinand Erbe Dresden

 

Im August hatten Geburtstag

 

Monsieur Roland Hautefeuille Paris; Herr Mathias J. Blochwitz Berlin;

Herr Karl Winterfeld Dessau; Herr Klaus Ost Bingen; Herr Peter Sell Kiel

Herr Norbert Höllerer Floß; Herr Erich Schäfer Wanderup

 

Im September haben Geburtstag

 

Herr Dipl.-Ing. Walter Gademann München; Herr Jürgen Bock Lauterbach

Herr Winfried Gaube Hanshagen; Herr Heinz Grösser Hainburg;

Herr Herbert Laabs Holzminden; Herr Martin Zenker Kütten

 

 


Herausgeber: Verein zur ,,Förderung und Aufbau eines Historisch-Technischen Museums Peenemünde -Geburtsort der Raumfahrt" e.V., Peenemünde

Anschrift: Förderverein Peenemünde e. V.  Waldstraße 03  17449 Karlshagen; Tel.: 038371/20106; 038371/20695

e-mail: huebner-l@t-online.de   Homepage: www.foerderverein-peenemuende.de

Gestaltung: Gestaltung: Lutz Hübner und Klaus Felgentreu, Karlshagen; Druck: Printing Point e.k. Wiesbaden

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