Der Vorstand informiert

1. Einladung:

Hiermit laden wir alle Mitglieder unseres Vereins zur Jahreshauptversammlung

am 05. Oktober 2018, um 10.00 Uhr, ein.

Liebe Vereinsfreunde,

auch dieses Jahr führen wir unser traditionelles Treffen mit Jahreshauptversammlung durch. Der Vorstand wird auf dieser Versammlung für die nächsten 5 Jahre neu gewählt.

Vorschläge dafür werden gern entgegengenommen

Für die Tage vom 03. Oktober bis 06. Oktober 2018 ist folgender Programmablauf geplant.

Mittwoch, 03.10.

15:oo Uhr Anreise und Treffen, 15 Uhr, im Müggenhof und

Einweisung des konkreten Ablaufs der nächsten Tage

Donnerstag, 04.10.

10:oo Uhr Teilnahme an der Eröffnung der

21. Raumfahrttage im HTM und Foto

11:oo Uhr Beginn der ganztägigen Vortragsreihe im HTM

12:oo Uhr Mittagspause

13:oo Uhr Fortsetzung der Vorträge bis 16 Uhr, mit anschließender

Gesprächsrunde.

Freitag, 05.10.

10:00 Uhr Jahreshauptversammlung mit Neuwahl Vorstand

lt. Ablaufplan im HTM.

12:oo Uhr Ende – Nachmittag zur freien Verfügung

19:oo Uhr Vortrag von Manfred Kanetzki

Ort: Haus des Gastes Karlshagen

Sonnabend, 06.10.

10:oo Uhr Abfahrt gemeinsamer Ausflug

18:oo Uhr Gemütliches Beisammensein - Raum Halbinsel

Peenemünde

Abschluss und Verabschiedung der Teilnehmer

2. Vor 75 Jahren, am 17./ 18. August, starteten die Briten die Operation „Crossbow“ –

Angriffsziel Peenemünde. Der Vorstand will der vielen Toten auf dem Friedhof der

Bombengetöteten Karlshagen gedenken.

Angemeldet hat sich Frau Thiel. Ihr Großonkel und seine Familie sind vor 75 Jahren in der Wohnsiedlung bei dem Bombenangriff ums Leben gekommen. Für sie ist es ein Gedenktag, den sie am Grab vor Ort begehen möchte.

3. Datenschutz

Der Vorstand hat die Information zur neuen Datenschutzrichtlinie (DAGVO) beraten und beschlossen. Im Infobrief finden sie dazu unsere Richtlinien.

Bei Fragen diesbezüglich wenden sie sich bitte an den Vorstand des Vereins.

Volkmar Schmidt

1. Vorsitzender Förderverein Peenemünde e. V.

kf

Das schwierige Erbe von Peenemünde Teil VI

Wie im letzten Infoblatt angekündigt setzen wir mit dem Punkt 5. der Arbeit von Frau Wilke unsere Ausführungen fort. Sie formuliert das unter dem Abschnitt als

5. Kritik an der eindimensionalen Sicht Wernher von Braun

Sie meint: „Der Ort Peenemünde wurde zum Synonym deutscher Raketenforschung vor und während des zweiten Weltkrieges; hier entstand die A4/V2. Im HTI wird diese Geschichte dargestellt…Die Geschichte ist insgesamt gut aufgearbeitet.

Die Autorin schreibt aber auch von gravierenden Kritikpunkten. Es geht ihr um die Darstellung Wernher von Brauns und sie kritisiert:

Das Museum hat sich selbst eine Aufgabe gestellt: Es will Fragen stellen nach der Verantwortung der Wissenschaft gegenüber Menschen und Natur. Es möchte über die Nazi-Vergangenheit informieren, unideologisch und objektiv. Doch wer führt die Wissenschaft aus? Es sind die Wissenschaftler mit ihrer Arbeit. Darum dürfen die Wissenschaftler des Projekts Peenemünde nicht erst am Ende einer Ausstellung stehen, ohne ihre Aufgabenbereiche im Prozess der Raketen- Entwicklung darzustellen.“

Nach massiver Kritik wurde die Projektgruppe 1996 eingesetzt, um ein neues Konzept zu erstellen, das nicht mehr die Technik in den Mittelpunkt stellen sollte, sondern eine neue Ausstellung, die dem Ort Peenemünde gerecht werden sollte. Was da herausgekommen ist, sehen wir noch heute im Hauptteil der Ausstellung. Für die neue Ausrichtung sah die Projektgruppe die Technik nicht mehr als Schwerpunkt!

Dazu schreibt Frau Wilke: „Im Fokus des HTI sollten nicht mehr die Technik und schon gar nicht die Wissenschaftler stehen, sondern die Ethik und die Folgen der Technik. Die Projektgruppe gab aber auch zu, dass die Klientel im Museum etwas anderes erwarten würde, und zwar ein technologisches Museum mit einer positiven Wertung der Technik. Deswegen musste ein Schwerpunkt auf den historischen Kontext Raketenentwicklung gelegt werden, die Massenproduktion der V 2 musste den Besuchern erst vertraut gemacht werden. Zudem sollte es eine nachhaltige Wirkung haben, um bei den Menschen ein Umdenken zu erreichen.“

Die Autorin schätzt selbst ein, dass es unmöglich ist, dass HTI zu gestalten ohne eine Auseinandersetzung mit den Wissenschaftlern und dem Ergebnis ihres Schaffens. Gerade die Person Wernher von Brauns wird aber nur einseitig dargestellt. Sein Werdegang bis Peenemünde wird ignoriert. Im HTI ist es nicht möglich, die Entscheidungsprozesse von Brauns nachzuvollziehen. Die Ausstellung lässt seine Biografie offen, darum kann der Besucher den Prozess der zu seinem Handeln führte nicht verstehen…Brauns Interesse war es, eine Rakete zu bauen. Er hat seine Moral seinem technischen Ehrgeiz untergeordnet, deswegen ist es so wichtig, seine Biografie in die Ausstellung zu integrieren, denn er hatte auch Erfolg.

Im HTI wird Brauns Bild einseitig geschildert, denn seine Arbeit, die er in Peenemünde geleistet hat, wird nicht anerkannt. In manchen Punkten der Ausstellung scheint es, als ob die Rakete sich selbst gebaut hätte. Es geht nicht darum, den Mythos Peenemünde zu erhalten, den die Wissenschaftler nach dem Zweiten Weltkrieg auch in ihrer neuen Heimat, den USA, versuchten aufrecht zu erhalten, sondern um eine realistische Darstellung der dortigen Raketenforschung. Das bedingt auch die Anerkennung der technischen Leistung, mit der die

Wernher von Braun als Direktor der Heeresversuchsanstalt in Peenemünde

Quelle: www.redstone.army.mil/history/archives/vonbraun

A4 das Tor zum Weltraum aufgestoßen hat. Wernher von Braun hat in Peenemünde erfolgreich als technischer Direktor ein Forschungsteam geleitet und eine Rakete gebaut.“

Leider muss man feststellen, dass das Konzept von 1996 so ausgelegt war, dass Wernher von Braun nicht in die Ausstellung integriert werden konnte. Der damalige Leiter des HTI (Mühldorfer-Vogt), hatte erkannt, dass die Bedeutung Wernher von Braun in der derzeitigen Ausstellung ungenügend dargestellt ist.

Als Vorstand hoffen wir, dass das neue Konzept des HTM zukünftig diesen Mangel in der Ausstellung beseitigen wird.

Im nächsten Infoblatt wird in der Bachelorarbeit von Frau Wilke Fazit gezogen.

kf

Die Wurzeln der Raumfahrt – Rüstung auf dem Prüfstand (Teil VII)

Mit den nachfolgenden Ausführungen von Dr.-Ing. Wernicke möchte ich seine Stellungnahme zu dem Werk von Dr. Aumann, Rüstung auf dem Prüfstand, abschließen.

Zum Problem Militärisch-industriell-akademischen Komplex führt Herr Wernicke weiter aus:

Der Autor (Aumann) beklagt, die jungen Physiker und Ingenieure, die über Raketenthemen promovierten, hätten keine akademischen Freiheiten genossen, konnten nicht „von sich aus ihr Arbeitsgebiet wählen noch sich mit Kollegen außerhalb ihres Projekts austauschen oder ihre Forschungsinteressen selbständig ändern (S. 64)

Dazu ist anzumerken: In der gleichen Situation – einschließlich strikter Zielvorgaben und Vertrauensverpflichtungen – befindet sich heute wie damals ein Wissenschaftler, der bei einem zivilen Technologieunternehmen angestellt ist und dem dieses Unternehmen die Möglichkeit gibt und Erlaubnis erteilt, neben seiner Berufstätigkeit an einer Hochschule zu promovieren. Hier handelt es sich um arbeitsrechtliche Normalität, keineswegs um eine Besonderheit eines vermeintlichen „militärisch-industriell-akademischen Komplexes“ der 1920er und 1930er Jahre.

Ferner behauptet der Autor, neben dem militärischen Charakter „war die Raketentechnik, wie jede andere Wissenschaft nach 1933, auch fundamental nazifiziert“. Zum vermeintlichen Beleg führt er den „Ariernachweis“ an, den der Kummersdorfer Mitarbeiter Glimm 1935 zu seiner Promotion an der Universität Berlin vorlegen musste (S. 64). Diese administrative Verpflichtung durch das NS-Regime traf jedoch damals alle Doktoranden, unabhängig von ihrer persönlichen Einstellung zum NS-Staat. Dass die Arbeitsweise der Kummersdorfer Doktoranden oder fachlichen Betreuer „nazifiziert“ gewesen sei, ist daraus nicht abzuleiten. Eine NSDAP-Mitgliedschaft des an der Universität Berlin Doktoranden betreuenden Professor Becker, zugleich Abteilungsleiter im HWA, später General der Wehrmacht, oder seines für das Raketenprojekt zuständigen Mitarbeiters und späterer Wehrmachtsgenerals Dornberger behauptet der Autor in deren informativen Kurzlebensläufen nicht (S. 46 und 57). Es ist also nicht erwiesen und eher unglaubwürdig, dass die Kummersdorfer Raketenentwicklung in den Jahren 1933 und 1934 „nazifiziert“ waren.

Der Autor beschreibt die hoch temperaturfesten Graphit-Strahlruder der Raketen A3 und A4 als vermeintliche Beispiele für Autarkiebestrebungen des NS-Regimes (S. 85). Es muss jedoch der historische Kontext betrachtet werden: Die englische Seeblockade gegen Deutschland hatte nach dem Waffenstillstand 1918 noch über ein halbes Jahr fortbestanden, bis zur Versailler Vertragsunterzeichnung. War angesichts solcher Erfahrung der Gedanke verminderter Importabhängigkeit völlig unbegründet oder sogar verwerflich?

Und nun zum konkreten Vorgang: Der Ersatz des teuren temperaturfesten Materials Molybdän durch das weit billigere Graphit war eine technisch erstaunliche und wirtschaftlich gebotene Entwicklungsleistung, die bei solcher Problemstellung auch heute genauso angestrebt würde, ungeachtet der in- oder ausländischen Herkunft des Materials.

Unser Vereinsmitglied, Herr Prof. Dr.-Ing. J. Wernicke, stellt abschließend fest:

Man mag zu Recht den damals jungen Wissenschaftlern und Technikern, die im Zeitraum 1932 bis 1934 in Kummersdorf an der Entwicklung von Flüssigkeitsraketen mitwirkten, ihre spätere Verwicklung mit dem NS-Regime vorwerfen, sei es, dass sie opportunistisch handelten oder verführt waren.

Es ist aber unbegründet, diese frühen, doch technisch grundlegenden Raketenentwicklungen in Kummersdorf als Vorbereitung der Reichswehr auf einen Angriffskrieg oder gezielten Vorlauf für die anschließenden Angriffskriege des NS-Regimes darzustellen.

Vielmehr hatten diese frühen Raketenarbeiten in Kummersdorf mit dem NS-Regime und der Vorbereitung eines Angriffskrieges nichts zu tun.

Mit diesen letzten Worten schließen wir die interessante Stellungnahme von Herrn J. Wernicke ab.

Ein Hinweis an unsere Leser: Herr Wernicke hat eine Buchbesprechung über Stalins V–2, von Matthias Uhl, verfasst. Wir werden uns im nächsten Infoblatt damit beschäftigen.

Das Buch von Matthias Uhl, Stalins V-2 – Der Technologietransfer der deutschen Fernlenkwaffentechnik in die UdSSR und der Aufbau der sowjetischen Raketenindustrie 1945 bis 1959 hat die ISBN 978-3-86933-176-8, 304 Seiten, Großformat

Bonn 2016: Bernard & Gaefe/Mönch, Lizenzausgabe Helios

Kf

Letzter Deutscher des Raketen-Teams wurde 104 Jahre alt

Dr. Georg von Tiesenhausen, der letzte Deutsche des Raketenteams Wernher von Brauns ist

am 03. Juni 2018, in Huntsville verstorben.

George von Tiesenhausen

Bild: Screenshot/YouTube/UAHSalmonLibrary

Am 18. Mai 1914 wurde Georg Felix von Tiesenhausen in Riga geboren.

Von Tiesenhausen studierte Maschinenbau an der Ingenieurschule in Hamburg, wurde zur Wehrmacht einberufen und an der Ostfront eingesetzt. Als angehender Ingenieur durfte er sein Studium kurzfristig wieder fortsetzen. Nach seinem Examen 1943 wurde er zur Heeresversuchsanstalt nach Peenemünde versetzt und arbeitete dort an der Entwicklung der A4 mit. „In das Areal von Peenemünde zu kommen, war eine der größten Überraschungen meines Lebens“ sagte er in einem Fernsehinterview in den 1980ern.

1953 holte Wernher von Braun ihn in seine Raketen-Entwicklungsabteilung nach Huntsville.

Die amerikanische Presse würdigte den deutsch-amerikanischen Ingenieur als einen Großen der Weltraumfahrt:

Er war an der Apollomission 1971 – 1972 beteiligt, hat maßgeblich an der Entwicklung des Lunar Roving Vehicle mitgearbeitet und hat sich für den Bau einer Mond- und Marsbasis stark gemacht.

Zusammen mit von Braun hat von Tiesenhausen die mobile Startrampe für die Saturn 5 entwickelt.

1986 ist er in Rente gegangen und hat trotzdem weiter an der Entwicklung von Komponenten für Raketen gearbeitet, wurde Gastdozent am United States Space Camp und auch in der Industrie hat er gewirkt.

Von seinen Mitarbeitern erhielt er den Kosenamen „von T“.

2007 wurde Dr. Georg von Tiesenhausen in die Hall of Fame des Space Camp aufgenommen und 2011 erhielt er aus den Händen von Neil Armstrong einen hohen Preis für sein Lebenswerk, den Lifetime Achievement Award in Education.

Weitere Informationen in WIKIPEDIA

Britischer Bomberpilot besucht nach 75 Jahren Peenemünde

George und seiner Crew vor seinem Bomber vom Typ HP Halifax George C. Dunn im HTM

Fotos Copyright: George C. Dunn / HTM Peenemünde



Am 6. August 2018 besuchte der ehemalige Pilot der britischen Royal-Air Force, George C. Dunn, Peenemünde. Im Alter von 20 Jahren flog er als Pilot beim ersten Luftangriff auf Peenemünde am 18. August 1943 einen Halifax-Bomber. Für Dunn war es sein 12. Feindflug. Sein Flugzeug der 76. Squadron der 4. Bomber Group mit der Kennung LK 903 war Teil der ersten Angriffswelle, welche die Wohnsiedlung und das Lager Trassenheide fast vollständig zerstörte.

Nach 75 Jahren kehrte George C. Dunn nun erstmals an den Ort zurück, den er einst bombardierte. Er besichtigte das im Kölpiensee liegende Wrack des abgeschossenen Lancaster-Bombers und das Areal der früheren

Wohnsiedlung in Karlshagen. Anschließend legte er an der Mahn- und Gedenkstätte Karlshagen einen Kranz nieder. „Im Gedenk an alle Gefallenen, ob Piloten, Soldaten oder Zivilisten.“ Sein Rundgang dort führte auch direkt zu den Einzelgrabplatten auf dem Friedhof der Bombengetöteten. Dort die Namen der Getöteten zu lesen, insbesondere der vielen Frauen und Kinder, berührte ihn sichtlich.

Im Anschluss besuchte er die Ausstellung im Historisch-Technischen Museum Peenemünde und gab dem Museum ein Zeitzeugeninterview, welches künftig in der geplanten neuen Dauerausstellung genutzt werden soll.

T.K



Walter Thiel – Nachruf zum 75sten Todestag

In der Nacht vom 17. auf den 18. August 1943 griff die Royal Air Force Peenemünde (Operation Hydra) an. Die Bomben trafen dabei auch die Wohnsiedlung Karlshagen und das Fremdarbeiterlager in Trassenheide. Bei diesem Angriff vor 75 Jahren kamen der Leiter der Entwicklungsabteilung Dr. Walter Thiel und seine Familie ums Leben.

Walter Thiel wurde am 3. März 1910 in Breslau geboren. Er war hochbegabt, was bereits in der Grundschule festgestellt wurde. Er war in seiner gesamten Schulzeit und auch noch im Studium immer Primus. Thiel studierte Chemie an der TH in Breslau und 1934 promovierte er in Breslau und Berlin zum Dr.-Ing. chem. mit summa cum laude.

Einer seiner Professoren, Prof. Ruff, empfahl Thiel an das Forschungs­institut des Heereswaffenamtes von Mini­sterialrat Prof. Karl Erich Schumann an der Universität Berlin. Thiels bisherige Forschungsarbeiten hatten wehrtechnische Verwertbarkeit und so führte er seine Grundlagenforschung in leitender Position weiter. Schumann betreute eine Vielzahl von Diplomar­beiten und Promotionen, 1 u.a. die von Wernher von Braun und Kurt Wahmke.

1935 heiratete Thiel Martha Strohwald, im März 1936 kam das erste Kind, Tochter Sigrid, zur Welt.

Berlin 1935: Die Verlobten Walter Thiel und Martha Strohwald (Quelle: Privatarchiv Familie Thiel)


I m Herbst 1936 bat Dornberger Thiel von der Grundlagenforschung an die Kummersdorfer Versuchsstelle West zu wechseln. Er übertrug ihm alle Antriebsfragen, er sollte die Entwicklung des Triebwerkes schnell vorantreiben, was er auch innerhalb kürzester Zeit schaffte. 2

Thiel hatte bahnbrechende Ideen für das Triebwerk. Seine wissenschaftlichen Leistungen für das Aggregat 4 sind dem Teil von Olaf Przybilski aus „Walter Thiel – Short Live of a rocket scientist“ zu entnehmen. 3

1937 zogen die ersten Wissenschaftler von Kum­mersdorf nach Peenemünde. Da die Prüfstände noch nicht einsatzfähig waren, blieb Thiel mit sei­nem Team in Kummerdorf. Das bedeutete eine große Unabhängigkeit. Thiel arbeitete selbständig und erfolgreich. 4 Mitte 1940, nach Fertigstellung des Prüfstandes I, siedelte das Triebwerksteam ebenfalls nach Usedom über. Thiel wurde Direktor des Entwicklungswerkes und war für diesen Bereich Stellvertreter v. Brauns.

Familie Thiel bezog eine Wohnung auf der Hindenburgstraße 56 in Karlshagen. In dieser Häuserreihe wohnten außerdem Kollegen von Thiel mit ihren Familien: Ing. Gerhardt in Nr. 58, Dipl-Ing. Oye in Nr. 60 und gegenüber in Nr. 48 Klaus Riedel.

Auf Usedom wurde auch Thiels Sohn Siegfried am 05.09.1941 geboren. Das Leben auf Usedom scheint für die Familien angenehm gewesen zu sein. Entfernt vom Kriegsgeschehen, gut versorgt, in modernen Häusern wohnend, war es sicherlich eine privilegierte Situation.

Familie Thiel und eine Bekannte (links) auf dem Weg zurück vom Karlshagener Strand in die Siedlung. Sommer 1942. (Quelle: Archiv Fam. Thiel)

D ie Arbeit der Wissenschaftler wurde allerdings immer fordernder, da die militärische Führung Druck ausübte, dass die Rakete bald als Kriegswaffe zum Einsatz komme. 1943 waren Thiel und mit ihm viele der Peenemünder Forscher erschöpft und unzufrieden. Überarbeitung, Erfolgsdruck und der Wandel vom Entwicklungs- zum Produktionsunternehmen belastete die Wissenschaftler. Thiel lehnte es ab, das Triebwerk der Rakete als tauglich für die Massenproduktion zu bezeichnen. In einem Brief an v. Braun auf dem Weg zu einem Kuraufenthalt schreibt Thiel über das Aggregat 4: „... wo es mehr ein kompliziertes Labormuster ist, als ein Massenartikel, ...“. 5

Zerstörtes Haus in der Wohnsiedlung Karls­hagen mit Bombenkrater im Gartenbereich

(Quelle: Archiv Fam. Thiel)

T hiel beschloss seinen Protest am 17. August 1943 mit einer mündli­chen Kündigung. Er wollte sich an einer Hochschule habilitieren. Dornberger nahm diese Kündigung nicht an.6

In der darauffolgenden Nacht vom 17. auf den 18. August 1943 griff die Royal Air Force Peenemünde (Operation Hydra) an. Familie Thiel kam im Splitterschutzgraben ums Leben. Dieser Graben wurde nicht an den Häusern bzw. in die Gärten gebaut, sondern lag rechts von der Häuserreihe am Feuerlöschteich. 7 Luftaufnahmen nach dem Angriff zeigen einen Bombenkrater genau in dem Bereich des Splitterschutzgrabens. Ein weiterer Bombenkrater war im Gartenbereich der Reihenhäuser zu erkennen. Auch die Wohnhäuser wurden getroffen.

An die Leistungen von Thiel für das Aggregat 4 und somit für die späteren Weltraumraketen wird bis heute gedacht, auch wenn er nicht mit seinem Team in die USA gehen konnte, wie seine engen Mitarbeiter Gehard Heller, Konrad Dannenberg oder Krafft Arnold Ehricke (vergleiche Artikel im Informationsblatt des Fördervereins Peenemünde 1/2018 zu Krafft Ehricke). Ein Mondkrater wurde 1970 auf der Rückseite des Mondes nach ihm benannt und er wurde als einer der ersten Raumfahrtpioniere 1976 in die „Space Hall of Fame“ in Alamogordo, New Mexico, USA, aufgenommen.

Über die Autorin

Karen Thiel ist die Großnichte von Walter Thiel. Sie arbeitet an einer Biographie über ihren Großonkel. Bei Ihrer fundierten Recherche sichtete sie die Original-Dokumente in deutschen und amerikanischen Spezialarchiven. Sie sucht immer noch private Fotos, Geschichten und Anekdoten über ihren Großonkel.

Gemeinsam mit Dr. Olaf Przybilski hat sie ein Paper über Walter Thiel veröffentlicht und beim IAC 2012 präsentiert: WALTER THIEL – SHORT LIFE OF A ROCKET SCIENTIST, Acta Astronautica 91 (2013), S. 302-3012. Der Artikel kann bei der Autorin, auch in deutscher Übersetzung, angefordert werden (mail@walterthiel.de).

1 Luck, Werner: Erich Schumann und die Studen­tenkompanie des Heereswaffenamtes – Ein Zeit­zeugenbericht. Dresdner Beiträge zur

Geschichte der Technikwissenschaften, 27 (2001); S. 27 - 45

2 Dornberger, Walter: Peenemünde. die Ge­schichte der V-Waffen. Ullstein, Frankfurt/M, Berlin, 1995, 6. Auf.; S. 62f

3 Thiel, Karen; Przybilski, Olaf: WALTER THIEL – SHORT LIFE OF A ROCKET SCIENTIST, Acta Astronautica 91 (2013), S. 302-3012 (Bei der Autorin

anzufordern.)

4 BArch Freiburg, Nachlass Schrö­der, N 773/13, Seite 9, 1961-1970

5 BArch Freiburg, RH8-v-1960, GD.638.0.9, FE 692F (1), 16.03.1943

6 Dornberger, Walter: Peenemünde. die Ge­schichte der V-Waffen. Ullstein, Frankfurt/M, Berlin, 1995, 6. Auf.; S. 168f u. Briefe der Mutter Elsa

Thiel vom 19.06.1953 und 14.04.1958 an ihren Sohn Herbert, Bruder von Walter Thiel, Arch. Fam. Thiel

7 Wiechmann, Gunter: Peenmünde – Karlshagen 1937 – 1943, S. 454, Kapitel Luftschutz. Ableitungen daraus mit Vergleich von

Luftaufklärungsbildern durch Gunter Kache. Bei der Autorin anzufordern.


Alexander Gerst im All

CIMON

und Projektverantwortliche am Kennedy Space Center

Foto: NASA

Am 06. Juni 2018, um 13.12 Uhr, begann für Alexander Gerst die Reise zur ISS von der historischen Startrampe 1 in Baikonur, von der schon Juri Gagarin 1961 als erster Mensch in den Kosmos startete. Mit an Bord im Raumschiff „Sojus MS-09“ waren der Russe Sergej Prokopjew und die Amerikanerin Serena Aunon’-Chancellor. 34-mal hat die Mannschaft die Erde umrundet, bis sie an der ISS andockte.

Gerst erwartet, neben der Tätigkeit, ab Herbst, als erster deutscher Kommandant, ein strammes Programm. Rund 300 Experimente sollen in einem halben Jahr, hoffentlich erfolgreich, durchgeführt werden. Das Programm nennt sich „Horizont“.

*

Neben den Astronauten war noch ein vierter Passagier an Bord. Ein neuer Mitbewohner auf der ISS – heißt „CIMON“. Er ist ein fliegendes Gehirn. Genauer: ein Stück künstliche Intelligenz von der Größe eines Medizinballs. Mit seinen Maschinenaugen soll er Astronauten künftig über die Schulter schauen, ihnen helfen und sie aufmuntern, sogar mit einem Lächeln. Noch ist Cimon ein Experiment, ein Technolgie-Demonstrator, der in den kommenden Monaten mit Alexander Gerst interagieren soll. Bewährt sich Cimon, wird er zum regelmäßiger Mitbewohner auf der ISS.

*

Cimon heißt „Crew Interactive Mobile Companion“ (Mobiler, interaktiver Begleiter der Crew.

Damit er diese Aufgabe übernehmen kann, haben ihm die Airbus-Entwickler eine Handvoll Kameras und acht Mikrofone eingebaut. Mit Hilfe von 14 eingebauten Ventilatoren kann er sich dann drehen und zum jeweiligen Gesprächspartner manövrieren, sodass Astronauten sein Monitorgesicht stets im Blick haben. Ultraschallsensoren erkennen Hindernisse und verhindern dadurch Zusammenstöße.

Ich glaube über diesen Cimon wird man noch viel zu berichten haben.

*(Info aus P.M. 06/2018)

kf

Info von der Bürgerinitiative gegen Deichrückbau

im Inselnorden e. V

Unser Verein ist Mitglied in der Bürgerinitiative gegen den Deichrückbau.

Das Ergebnis der Arbeit der Bürgerinitiative kann positiv und erfolgreich eingeschätzt werden. Nach zehnjährigem Wirken wurde das satzungsgemäße Ziel erreicht: Der geplante Rückbau des Peenestromdeiches zwischen Karlshagen und Peenemünde wurde endgültig verhindert. Dadurch ist die Cämmerer-See-Niederung nicht bei jedem Hochwasserereignis von Überflutung bedroht. Damit ist auch die Denkmallandschaft Peenemünde weiter geschützt. Es ist ein Erfolg, auf den wir und alle Beteiligten stolz sein können.

Aber es gibt Kritik an den neuen Plänen.

Jetzt soll Peenemünde eingedeicht werden und der neue Deich vor Karlshagen würde im Falle eines Sturmhochwassers und langfristig angesichts des drohenden Meeresspiegelanstiegs sogar dauerhaft – dem Wasser den Weg bis unmittelbar vor Karlshagen und auch von Osten her an den Peenestromdeich öffnen. Das Wasser dringt über die Landstraße nach Süden vor und kann nicht mehr von allein zurückfließen. Die Cämmerer-See-Niederung würde dann dauerhaft unter Wasser stehen.

Welche Motive stecken dahinter?

Das ursprünglich mit dem Deichrückbau angestrebte Ziel der Wiedervernässung der genannten Niederung soll jetzt langfristig durch die Hintertür erreicht werden.

Die Schwächung der weltweit einzigartigen und vom Land großzügig geförderten Denkmallandschaft Peenemünde und vor allem die langfristig zu erwartende Gefährdung der Verkehrsverbindung nach Peenemünde werden in fahrlässiger Weise in Kauf genommen.

Die Verantwortung dafür trägt das Umweltministerium von Mecklenburg-Vorpommern.

Zukunft der Bürgerinitiative gegen Deichrückbau

Ein Antrag zur Auflösung der BI auf der Jahreshauptversammlung im März 2018 scheiterte knapp an der erforderlichen Mehrheit von 75 %.

Nach ausführlicher Diskussion hat der Vorstand beschlossen, die BI weiter bestehen zu lassen, um die Bürger bei eventuellen Einwendungen zum Planfeststellungsverfahren zu unterstützen und die aktuellen Pläne kritisch zu begleiten. Auf jegliche anderen Aktionen wird verzichtet.

Eine Auflösung ist in jedem Fall nach Abschluss des Planfeststellungsverfahrens erforderlich.

Auszug aus Artikel von Dr. Rainer Höll, Vorsitzender der BI, Amtsblatt Nr. 05/2018, S. 31

kf

Presseschau

OZ 01.06.18

Peenemünder Museum erfindet sich neu


Im Mai 1991 wurde im stillgelegten Kraftwerk in Peenemünde das Historisch-Technische Informationszentrum gegründet. Foto: L. Hübner

2021 soll neue Dauerausstellung eröffnet werden: Moderne Räume, mehr Interaktion

Das Historisch-Technische Museum (HTM) in Peenemünde plant zum 30. Geburtstag im Mai 2021 die Eröffnung einer neuen Dauerausstellung. Das Konzept ist fertig.

Wir wollen weg von einem linearen Zeitstrahl, der die Geschichte erzählt. Geplant ist nun eine modulhafte Ausstellung, die sich ausschließlich auf die Zeit des Nationalsozialismus in Peenemünde konzentriert, kündigt HTM-Geschäftsführer Michael Gericke an.

Die NS-Heeresversuchsanstalt Peenemünde war von 1936 bis 1945 das größte militärische Forschungszentrum in Europa. Im Inselnorden arbeiteten bis zu 12 000 Menschen gleichzeitig an neuartigen Waffensystemen der Nazis wie der V1 und V2. Diese Zeit verbinden die meisten Besucher mit Peenemünde, betont Gericke. Die gegenwärtige Dauerausstellung stellt die Geschichte der deutschen Raketentechnik von ihren Anfängen in den 1920er Jahren über die Arbeiten in Peenemünde bis hin zur Serienfertigung und deren Einsatz gegen westeuropäische

Großstädte vor. Ein zweiter Abschnitt verfolgt die Geschichte der in Peenemünde entwickelten Technik im Kalten Krieg bis ins Jahr 2000.

Zu der neuen inhaltlichen Ausrichtung soll das Museum (das Land ist mit 51 Prozent Mehrheitsgesellschafter) moderner gestaltet werden. Mehr Interaktion, neue Ausstellungsräume, mehr Service und virtuelle Realität verspricht Gericke auf dem dann umgekrempelten 5000 Quadratmeter großen Ausstellungsgelände. Zu den Kosten wollte sich der Museumschef nicht äußern. Mehrere Millionen Euro dürfte die Runderneuerung des Museums aber kosten. Bund und Land wollen das finanzieren, so Gericke. Rund 150 000 bis 160 000 Gäste begrüßt das Museum jährlich im Schnitt - seit Jahren schon. Mit der neuen Dauerausstellung soll es wieder bergauf gehen.

Als wichtigen Bestandteil des neuen Ausstellungskonzepts sieht Gericke das Sauerstoffwerk. Dafür gibt es aber seitens der Gemeinde einen Beschluss, das unter Denkmalschutz stehende Objekt abzureißen.

HTM-Kurator Philipp Aumann (l.) zeigt Gästen ein Raketentriebwerk, das in der aktuellen Sonderausstellung Vernichtender Fortschritt zu sehen ist. Das Exponat wird auch Teil der neuen Dauerausstellung sein. Foto Kai Hampel

Zum Abriss sieht Peenemündes Bürgermeister Rainer Barthelmes keine Alternative, weil die Grundsicherung des maroden Gebäudes rund zwei Millionen Euro kosten würde. Für den Museumschef der falsche Weg: Sollte es Geld für den Abriss geben, könnte man das auch in die Grundsicherung investieren. Wir haben hier in Peenemünde noch zwei authentische Objekte aus der NS-Zeit, da kann man doch eines davon nicht abreißen, sagt Gericke.

Das Sauerstoffwerk ist eines der prägenden Gebäude des Ortes. Es wurde 1939 errichtet, weil für die in Peenemünde entwickelte Rakete A4 (V2) in der Heeresversuchsanstalt der Nazis flüssiger Sauerstoff benötigt wurde. Die Gemeinde hatte das Sauerstoffwerk 2013 von einem Berliner Unternehmer gekauft. Den Kaufpreis von 50 000 Euro übernahm das Land.

OZ 17.08.18



Schwesig sagt fünf Millionen für neue Ausstellung zu

Ministerpräsidentin Manuela Schwesig im HTM Foto: HTM

Schwesig begründete das Engagement des Landes damit, dass Peenemünde ein wichtiger Lernort der Geschichte des Nationalsozialismus sei.


Peenemünde

Das Land wird den Aufbau einer neuen Dauerausstellung im Historisch-Technischen-Museum Peenemünde (HTM) nach Angaben von Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) mit fünf Millionen Euro unterstützen.

Der Bund hatte bereits Mittel in gleicher Höhe für die Erneuerung der 17 Jahre alten Dauerausstellung zugesagt.

Während eines Besuchs im Museum kündigte die Regierungschefin am Donnerstag zudem weitere 1,2 Millionen Euro für den Erhalt des Sauerstoffwerks in Peenemünde an, falls sich der

Bund ebenfalls in gleicher Höhe beteilige. Die Gemeinde Peenemünde wolle den Antrag am Freitag stellen.

Schwesig begründete das Engagement des Landes damit, dass Peenemünde ein wichtiger Lernort der Geschichte des Nationalsozialismus sei. Für sie stehe an erster Stelle, die Erinnerung daran wachzuhalten, welch schreckliche Waffen hier im Zweiten Weltkrieg entwickelt wurden und unter welch unmenschlichen Bedingungen Zwangsarbeiter litten. „Zugleich war die in Peenemünde entwickelte und erprobte Technik Grundlage für die Entwicklung der Raumfahrt und damit für eine der größten Leistungen in der Technikgeschichte“, sagte Schwesig.





Buchvorstellung

Sterben war ihr täglich Brot

Jetzt ist er wieder da: der Original-Roman aus dem Jahre 1958. Norbert Lebert hat den Alltag auf der Flugzeug-Erprobungsstelle in Rechlin von 1940 bis 1945 in einem packenden Roman beschrieben und sich dabei an Tatsachen orientiert. Das Buch gibt Einblick in regionale Geschichte, wie sie spannender nicht sein kann. Der neue zeitgeschichtliche Anhang mit echten Foto-Dokumenten lädt zudem ein, mehr über die Region sowie die Originalschauplätze aus dem Buch zu erfahren…

  • Taschenbuch: 300 Seiten

  • Verlag: Nordkurier Mediengruppe GmbH &

  • Co. KG; Auflage: 1. (19. Juni 2017)

  • Sprache: Deutsch

  • ISBN-10: 3946599303

  • ISBN-13: 978-3946599302

In eigener Sache

Wir danken für die eingegangene Spende



Herr Gademann, Walter 50,00 €
Herr Hörnig, Thomas 200,00 €











Im Juli hatten Geburtstag

Frau Lucia Martha Mokelke; Herr Ulrich Fügenschuh;

Herr Karl-Peter Stracke; Herr Peter Riedel;

Herr Rainer Höll; Herr Ferdinand Erbe; Herr Olaf Bruhn


Im August haben Geburtstag


Monsieur Roland Hautefeuille; Herr Prof. Mathias J. Blochwitz;

Herr Karl Winterfeld; Herr Klaus Ost; Herr Peter Sell

Herr Robert Schmucker; Herr Oliver Klotzin;

Herr Erich Schäfer; Herr Norbert Höllerer; Herr Hartmut Wohlthat


Im September haben Geburtstag


Herr Dipl.-Ing. Walter Gademann; Herr Jürgen Bock; Herr Winfried Gaube;

Mr. William Pavelin; Herr Herbert Laabs; Herr Wolfgang Jähn;

Herr Uwe Schmaling; Herr Martin Zenker; Herr Winfried Sander



Gerade Verbindung 24

Herausgeber: Förderverein Peenemünde „Peenemünde - Geburtsort der Raumfahrt" e.V.,

Anschrift: Förderverein Peenemünde e. V. Waldstraße 03 17449 Karlshagen; Tel.: 038371/20106; 038371/20695

e-mail: huebner-l@t-online.de Homepage: www.foerderverein-peenemuende.de

Gestaltung: Gestaltung: Lutz Hübner und Klaus Felgentreu, Karlshagen; Druck: „Druck-mit-uns“ Sperberhorst 6 22459 Hamburg

Alle Rechte, einschließlich Fotokopie, Mikrokopie, Verfilmung, Wiedergabe durch Bild-, Ton- oder Datenträger jeder Art und des auszugsweisen Nachdrucks, vorbehalten. Die Vervielfältigung des Ganzen und von Teilen hieraus ist nicht gestattet, außer nach Einwilligung. Strafbar macht sich, wer in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen ohne Einwilligung der/des Berechtigten ein Werk vervielfältigt

Bankverbindung: Beitragskonto: IBAN: DE64150505000384000487 NOLADE21GRW

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Gerade Verbindung 24


Der Vorstand und Gäste gedenkt der vielen Toten des britischen Bombenangriffs vor 75 Jahren, am 17./ 18. August 1943 auf dem Friedhof der Bombengetöteten Karlshagen.

Ansprache zur Gedenkfeier

Am 17. August 1943 starteten kurz nach 21 Uhr die ersten von fast 600 britischen Bombern von der englischen Ostküste, um das damals wichtigste deutsche Rüstungszentrum auszulöschen: Peenemünde. Die Flugzeugbesatzungen hatten die Aufgabe, das Entwicklungswerk und das Versuchsserienwerk zu zerstören und vor allem. dass hier arbeitende wissenschaftliche und technische Personal zu töten.

Kurz nach Mitternacht erreichten die ersten Flugzeuge ihr Zielgebiet. Von Norden kommend, warfen ab 0.15 Uhr rund 150 Bomber der ersten und größten Angriffswelle ihre Spreng- und Brandbomben über der Wohnsiedlung oder der unmittelbaren Umgebung ab. Über 70 Bomber entluden ihre tödliche Last infolge falsch gesetzter Leuchtmarkierungen über dem Lager Trassenheide. Zehn Minuten später folgte die zweite Welle, die ihre Bomben über dem Versuchsserienwerk abwarfen. Die dritte und letzte Angriffswelle traf den südlichen Teil des Entwicklungswerks und des Versuchsserienwerks. Kurz vor 1.00 Uhr war der Spuk zu Ende und die letzten Bomben abgeworfen, insgesamt fielen 1.593 Tonnen Sprengbomben und 281 Tonnen Brandbomben. Während des Angriffs und des Heimfluges wurden durch die deutsche Flak und Nachtjäger 41 beteiligte Maschinen der Royal Air Force abgeschossen. Dabei kamen 245 junge Männer zu Tode, die die britischen Inseln nicht mehr lebend erreichten.

Am Boden spielten sich indes kaum beschreibbare Tragödien ab. Menschen verbrannten bei lebendigem Leibe, wurden erschlagen, zerquetscht oder in Stücke gerissen, erstickten durch Rauch oder Verschüttung. Sie starben in dieser Nacht oder erlagen Stunden, Tage, Wochen oder teilweise Monate später ihren Verletzungen. Die Überlebenden wurden traumatisiert und konnten meist ihr Leben lang das Erlebte nicht verarbeiten oder vergessen.

Obwohl der Angriff primär den Peenemünder Wissenschaftlern galt, machten diese den kleinsten Teil der Todesopfer aus. Unter ihnen befanden sich nur zwei wirklich hochrangige Ingenieure der Heeresversuchsanstalt: der Triebwerksspezialist Dr.-Ing. Walter Thiel und der Betriebsleiter des Entwicklungswerks, Ober-Ing. Erich Walter, die beide mitsamt ihren Ehefrauen und jeweils zwei kleinen Kindern in der Siedlung starben. Die meisten der mindestens 700 am Boden Getöteten, die genaue Anzahl wird sich wohl nie ermittelt lassen, waren einfache Arbeiter, Angestellte und ihre Angehörigen, zwangsrekrutierte Polen und Ukrainer, aber auch Häftlinge oder völlig unbeteiligte Einheimische aus der Umgebung: aus Karlshagen-Dorf und Trassenheide. Beispiele sind die Kranführerin Charlotte Hoffmann, der polnische Arbeiter Wojziech Rojowski, der Fischer Albertt Tesch aus Trassenheide, die HAP-Werksarbeiterin Gertrude Ehle, der französische KZ-Häftling Henri Ernest Audouy, der Landwirt Friedrich Wilhelm Wachtel aus Karlshagen, die Friseuse Hildegard Horst oder der Flak-Soldat Emil Haltmeier.

Am tragischsten aber ist wohl das Schicksal von mindestens 88 Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren zu bewerten, die durch diesen Luftangriff so früh aus ihrem so jungen Leben gerissen wurden. Unter ihnen zum Beispiel die kleine Ingeborg Koepp, die heute vor 75 Jahren statt ihren zweiten Geburtstag zu erleben, zusammen mit ihrem 1-Jahr-älteren Bruder Peter und der Mutter einen gewaltsamen Tod starb. Oder die 3-jährigen Zwillinge Heidi und Helga Hämmerling zusammen mit ihren Eltern und den beiden Brüdern.

Wir sind heute hier zusammengekommen, um all der Toten dieser schrecklichen Nacht zu gedenken.

Ansprache auf dem Friedhof der Bombengetöteten in Karlshagen durch Thomas Köhler

Ansprache durch den Gemeindepädagogen, Cord Bollenbach, von der Ev. Kirchengemeinde

Fotos: L. Hübner

In der vergangenen Woche besuchte der nun 95-jährige George C. Dunn Peenemünde, der als damals 20-Jähriger einen Halifax-Bomber in der ersten Angriffswelle lenkte, um den Toten dieser Nacht zu gedenken. Dies hat lokal nicht bei Allen Verständnis hervorgerufen, zu groß ist der Schmerz noch bei vielen Angehörigen. Die gezielte Bombardierung unbeteiligter Zivilisten ist für die meisten nur schwer verzeihbar. Trotz dessen hat sein Zurückkommen an den einstigen Tatort einen gewissen Respekt verdient, denn wie viele alliierte Bomberpiloten sind nach Dresden zurückgekehrt, um den Opfern zu gedenken? Wie viele deutsche Luftwaffenpiloten besuchten nach dem Kriege Coventry oder wie viele der Soldaten, die die später sogenannten „Vergeltungswaffen“ auf Städte in England, Frankreich oder Belgien verschossen, besuchten die Orte, in denen die Waffen einschlugen, die in Peenemünde entwickelt oder erprobt wurden?

Nur ein Mensch ohne Hass ist frei.

Thomas Köhler, 18. August 2018 Die Gräber der Fam. Thiel

Das Gesteck des HTM Peenemünde und des Fördervereins

Das Gesteck der Fam. Thiel

T. Köhler gedachte mit je einer Rose der 88 beim Bombenan-griff getöteten Kinder Fotos T. Köhler

Das Gesteck der Familie Faißt auf der Gedenkplatte der Opfer welche nicht in Karlshagen beigesetzt wurden

40. Jahrestag Weltraumflug Sigmund Jähn

Am 26. August 1978, um 14.51 Uhr GMT startete Waleri Bykowski und Sigmund Jähn

mit Sojus 31 in den Weltraum.

Sigmund Jähn war der erste deutsche Forschungskosmonaut im Rahmen des INTER – KOSMOS – Programms.

Nach zweieinhalb Stunden hatten Bykowski und Jähn die Verfolgungsbahn von Salut 6 erreicht. Mit der 17. Erdumkreisung begann erfolgreich das Ankopplungsmanöver mit Salut 6. Bis zur Abkopplung am 3. September 1978 um 9.20 Uhr hatte Sigmund Jähn ein umfangreiches Forschungsprogramm erfüllt. Die Rückkehr der Kosmonauten erfolgte mit dem Raumschiff Sojus 29. Kurz nach 12.30 Uhr setzte die Landekapsel auf der Erde in Kasan auf.

Ab 1999 war Jähn im russischen Ausbildungszentrum als freier Berater für das Astronautenzentrum des DLR und seit 1993 auch für die ESA tätig.

S. Jähn 2014 in Peenemünde Foto.L Hübner

Sein letzter Besuch in Peenemünde, im Rahmen der 30.Raumfahrttage 2014, war ein Highlight für die Besucher des HTM.

40 Jahre nach seinem historischen Flug ins All ist und bleibt Sigmund Jähn unvergessen. Er ist der sympathische und bescheidene Mensch geblieben und sieht seinen Flug auch heute noch als ein einmaliges Erlebnis. In persönliche Gesprächen äußerte er oft: „Wenn man mal in den Weltraum geflogen ist, muss man nicht jeden Tag einen Höhenflug für sich daraus machen.“

1979 wurde in Morgenröthe-Rautenkranz ein Museum ihm zu Ehren eingerichtet, das 1991/92 eine inhaltliche Erweiterung zur „Deutschen Raumfahrtausstellung“ erfuhr. In Erinnerung an Sigmund Jähns Verdienste für die Raumfahrt wurde 2001 der Planetoid 1998BF14 nach ihm benannt.

Am 26. August 2018 wurde Dr. Sigmund Jähn in Morgenröthe-Rautenkranz mit dem Raumfahrtpreis „Silberner Meridian“ anlässlich des 40. Jahrestages seines Raumfahrtfluges ausgezeichnet. Er ist der erste Bürger Deutschlands der diesen Preis deutschsprachiger Raumfahrtvereine und- freunde erhält.

Unser Verein ist Gründungsmitglied des Preises „Silberner Erdkreis“ der deutschen Raumfahrtvereine.

Wir wünschen dem ersten deutschen Kosmonauten noch viele gesunde, schöne und erfüllte Jahre und hoffen uns noch mal auf einen Besuch in Peenemünde.

kf