Das schwierige Erbe von Peenemünde Teil VI

Wie im letzten Infoblatt angekündigt setzen wir mit dem Punkt 5. der Arbeit von Frau Wilke unsere Ausführungen fort. Sie formuliert das unter dem Abschnitt als

5. Kritik an der eindimensionalen Sicht Wernher von Braun

Sie meint: „Der Ort Peenemünde wurde zum Synonym deutscher Raketenforschung vor und während des zweiten Weltkrieges; hier entstand die A4/V2. Im HTI wird diese Geschichte dargestellt…Die Geschichte ist insgesamt gut aufgearbeitet.

Die Autorin schreibt aber auch von gravierenden Kritikpunkten. Es geht ihr um die Darstellung Wernher von Brauns und sie kritisiert:

Das Museum hat sich selbst eine Aufgabe gestellt: Es will Fragen stellen nach der Verantwortung der Wissenschaft gegenüber Menschen und Natur. Es möchte über die Nazi-Vergangenheit informieren, unideologisch und objektiv. Doch wer führt die Wissenschaft aus? Es sind die Wissenschaftler mit ihrer Arbeit. Darum dürfen die Wissenschaftler des Projekts Peenemünde nicht erst am Ende einer Ausstellung stehen, ohne ihre Aufgabenbereiche im Prozess der Raketen- Entwicklung darzustellen.“

Nach massiver Kritik wurde die Projektgruppe 1996 eingesetzt, um ein neues Konzept zu erstellen, das nicht mehr die Technik in den Mittelpunkt stellen sollte, sondern eine neue Ausstellung, die dem Ort Peenemünde gerecht werden sollte. Was da herausgekommen ist, sehen wir noch heute im Hauptteil der Ausstellung. Für die neue Ausrichtung sah die Projektgruppe die Technik nicht mehr als Schwerpunkt!

Dazu schreibt Frau Wilke: „Im Fokus des HTI sollten nicht mehr die Technik und schon gar nicht die Wissenschaftler stehen, sondern die Ethik und die Folgen der Technik. Die Projektgruppe gab aber auch zu, dass die Klientel im Museum etwas anderes erwarten würde, und zwar ein technologisches Museum mit einer positiven Wertung der Technik. Deswegen musste ein Schwerpunkt auf den historischen Kontext Raketenentwicklung gelegt werden, die Massenproduktion der V 2 musste den Besuchern erst vertraut gemacht werden. Zudem sollte es eine nachhaltige Wirkung haben, um bei den Menschen ein Umdenken zu erreichen.“

Die Autorin schätzt selbst ein, dass es unmöglich ist, dass HTI zu gestalten ohne eine Auseinandersetzung mit den Wissenschaftlern und dem Ergebnis ihres Schaffens. Gerade die Person Wernher von Brauns wird aber nur einseitig dargestellt. Sein Werdegang bis Peenemünde wird ignoriert. Im HTI ist es nicht möglich, die Entscheidungsprozesse von Brauns nachzuvollziehen. Die Ausstellung lässt seine Biografie offen, darum kann der Besucher den Prozess der zu seinem Handeln führte nicht verstehen…Brauns Interesse war es, eine Rakete zu bauen. Er hat seine Moral seinem technischen Ehrgeiz untergeordnet, deswegen ist es so wichtig, seine Biografie in die Ausstellung zu integrieren, denn er hatte auch Erfolg.

Im HTI wird Brauns Bild einseitig geschildert, denn seine Arbeit, die er in Peenemünde geleistet hat, wird nicht anerkannt. In manchen Punkten der Ausstellung scheint es, als ob die Rakete sich selbst gebaut hätte. Es geht nicht darum, den Mythos Peenemünde zu erhalten, den die Wissenschaftler nach dem Zweiten Weltkrieg auch in ihrer neuen Heimat, den USA, versuchten aufrecht zu erhalten, sondern um eine realistische Darstellung der dortigen Raketenforschung. Das bedingt auch die Anerkennung der technischen Leistung, mit der die

Wernher von Braun als Direktor der Heeresversuchsanstalt in Peenemünde

Quelle: www.redstone.army.mil/history/archives/vonbraun

A4 das Tor zum Weltraum aufgestoßen hat. Wernher von Braun hat in Peenemünde erfolgreich als technischer Direktor ein Forschungsteam geleitet und eine Rakete gebaut.“

Leider muss man feststellen, dass das Konzept von 1996 so ausgelegt war, dass Wernher von Braun nicht in die Ausstellung integriert werden konnte. Der damalige Leiter des HTI (Mühldorfer-Vogt), hatte erkannt, dass die Bedeutung Wernher von Braun in der derzeitigen Ausstellung ungenügend dargestellt ist.

Als Vorstand hoffen wir, dass das neue Konzept des HTM zukünftig diesen Mangel in der Ausstellung beseitigen wird.

Im nächsten Infoblatt wird in der Bachelorarbeit von Frau Wilke Fazit gezogen.

kf